Nachruf

03. Juli 2019

Erna Stocker-Schwarzentruber

Nunwil

Voller Einsatz, «Chrampfe», das lernte Muetti schon in ihrer frühen Kindheit. Als junges Mädchen hat sie mit dem Hund regelmässig die Strecke von Schlierbach nach Büron zurückgelegt, um die Post für das Dorf abzuholen und den Bewohnern zuzustellen.

Erna wurde als drittes von sieben Kindern am 6. September 1930 in Romoos geboren. Bald nach der Geburt ihrer jüngeren Schwester ist die junge Familie nach Schlierbach gezogen.

Erna verbrachte eine unbeschwerte Zeit in Schlierbach. Sie ging mit Freude in Büron zur Schule und hat dort die Primarschule und Sekundarschule absolviert. In der Freizeit fuhr sie gerne mal mit dem Velo von Schlierbach nach Romoos, um ihre Schwester Päuli, zu besuchen. Wir möchten festhalten, dass ihr Velo damals ohne Karbonrahmen, Mehrfachübersetzung oder Elektromotor ausgestattet war. Nach einem Sprachaufenthalt in Neuchâtel hat Erna die Hauswirtschaftsschule in Pfäffikon besucht.

Bald darauf hat sie die Servicestelle im Gasthaus Sonne in Römerswil bei der Familie Stocker angetreten. Ihre Herzlichkeit und ihr bescheidenes Wesen muss besonders Kaspar, dem jüngsten Sohn aufgefallen sein, denn sie wurden ein Paar. Ende September 1955 ist Kaspar nach einem fast dreijährigen USA-Aufenthalt zu Erna zurückgekehrt. Am 24. Oktober desselben Jahres feierten die beiden Hochzeit und bereits am 1. November eröffneten sie ihr Gasthaus St. Peter & Paul in Nunwil. Ihr Familienglück wurde durch die Geburten ihrer sechs Kinder Beatrice, Peter, Heidy, Urs, Rita und Markus vervollständigt.

Erna war eine hervorragende Köchin, die man auch als freundliche und fröhliche Gastgeberin kannte. Sie verstand es, ihre Gäste mit aktuellen Themen zu unterhalten und war als Jasspartnerin sehr beliebt. Eine riesige Hilfe war in all den Jahren Heidy Bucher, auf deren Freundschaft Muetti bis zuletzt zählen durfte. Die alte Schrift hat Muetti sehr interessiert und die Universität Nunwil ermöglichte ihr im Säli diesen Ausgleich.

«Es esch Ziit» war eine ihrer bekannten Aussagen. «Es esch Ziit» Pensionäre zu wecken, «Es esch Ziit» die Kinder zur Schule zu schicken, «Es esch Ziit» für die letzte Runde.

Mütter können alles! Und wenn man sich vor Augen führt, was Muetti alles geleistet hat … Sie ist unsere persönliche Heldin. Helden werden jedoch erst richtig menschlich, wenn sie auch Schwächen zeigen. Diese zeigte Muetti beispielsweise beim Autofahren. Dieses Kapitel möchten wir nur so weit kommentieren: Wir Mitfahrende haben diese stets wilden Fahrten immer heil überstanden.

Muetti und Vati haben das Gasthaus St. Peter & Paul mit Peters Unterstützung über 50 Jahre lang erfolgreich führen dürfen. Sie haben es geschafft, den Gästen das Gefühl des «Nachhausekommen» zu vermitteln. Im Jahr 2009 haben die Stockers das Gasthaus St. Peter & Paul verkauft. Der wohlverdiente Ruhestand war überfällig. Erna und Kaspar sind in Hochdorf in eine kleine und gemütliche Wohnung gezogen. Kaum eingezogen, kochte Muetti leidenschaftlich für Vati, Familie und Freunde feine und schon fast vergessene Gerichte. Sie jasste mit derselben Begeisterung, schloss neue Bekanntschaften und genoss das neue Leben.

Als Erna sich im Jahr 2012 einen Oberschenkelhalsbruch zuzog, und Vati nicht mehr stabil zu Fuss unterwegs war, zog er ins Alters- und Pflegeheim Sonnmatt. Kaspar wurde in dieser Zeit schwächer, und selbstlos, wie Muetti war, blieb sie bei ihm in der Sonnmatt. Mit viel Hingabe und Geduld war sie stets an Vatis Seite, auch als er am 26. Dezember 2014 für immer seine Augen schloss.

Auch Muettis Kräfte haben mit der Zeit nachgelassen. Doch die für­sorgliche Unterstützung vom Personal des Alters- und Pflegeheims Sonnmatt hat sie immer sehr geschätzt und sie hat sich jeden Sonntag über den Besuch von uns Geschwistern gefreut.

Ein weiterer Oberschenkelhalsbruch hat alles verändert. Ihr schon sehr schwaches Herz hatte den operativen Eingriff zwar überstanden, doch es wurde arg strapaziert. Sie wurde leiser, stiller und schliesslich tat Erna am Freitag, 31. Mai 2019, den letzten Atemzug.