Stiftungsgeld zweckentfremdet?

Ein 68-jähriger Treuhänder hat am Freitag vor dem Luzerner Kriminalgericht bestritten, mehrere Millionen Franken Stiftungsgeld zweckentfremdet zu haben. Der Staatsanwalt will ihn sechs Jahre ins Gefängnis stecken - und seine Wein- und Briefmarkensammlung verwerten.

André Widmer

Als schwerstes Delikt nannte der Staatsanwalt den gewerbsmässigen Betrug, den er dem Treuhänder vorwarf. Diesen soll der Mann in seiner Tätigkeit für eine Stiftung begangen haben, die ein wohlhabender ehemaliger Freund gegründet hatte, um Steuern zu sparen.

Der Beschuldigte schlug ab 2010 bis 2014 jeweils Projekte vor, die die Stiftung unterstützen solle. Das Geld wurde auf Konten verschiedener Gesellschaften überwiesen, die er kontrollierte. Statt es wie vorgegeben für nachhaltige Projekte auszugeben, habe er es für private Zwecke eingesetzt.

So erhielt er laut dem Staatsanwalt beispielsweise 50'000 Franken für ein Zertifizierungssystem, um Kinderarbeit in Steinbrüchen zu verhindern. Mit dem Geld bezahlte er allerdings eine Lieferung von über 700 Flaschen Wein. Auch mit 1,6 Millionen Franken für ein Aufforstungsprojekt in Brasilien sei "kein einziger Baum gepflanzt" worden.

"Für das Gemeinwohl eingesetzt"

Der Beschuldigte konterte vor Gericht, der Stifter habe sich nicht interessiert, was mit dem Geld passiert. "Wir waren nicht verpflichtet, irgendeinen Erfolg vorzuweisen."

Seine Gesellschaften seien aber gar nicht auf die Gelder der Stiftung angewiesen gewesen. Gewisse Projekte hätten bereits vorher bestanden und seien weitergelaufen. "Wir haben immer im Treuhandbereich gearbeitet und die Überschüsse für das Gemeinwohl eingesetzt", sagte der Beschuldigte.

Und: "Ich habe gewisse Zweifel, dass die Staatsanwaltschaft den Durchblick hat." Sein Verteidiger verlangte denn auch ein unabhängiges Gutachten zur Buchhaltung der Gesellschaften.

"Notorischer Lügner"

Der Staatsanwalt forderte sechs Jahre Gefängnis und ein Tätigkeitsverbot von fünf Jahren. Zudem machte er 4,5 Millionen Franken Ersatzforderungen geltend. Den Treuhänder, der bereits in den 1990er Jahren wegen Betrugsvorwürfen in den Schlagzeilen war, nannte er einen "notorischen Lügner", der arglistig getäuscht habe.

Die Stiftung habe den Betrug nicht durchschauen können, da der Beschuldigte die Projekte tatsächlich verfolgte, allerdings mit viel weniger Geld als vereinbart. Sein Vorgehen zeuge von einer immensen kriminellen Energie und Professionalität. Er habe die freundschaftliche Beziehung über Jahre schamlos ausgenutzt.

Der Verteidiger erwiderte, die Anklage baue auf unbewiesenen Behauptungen auf. Sein Mandant habe nicht planmässig gehandelt und auch kein besonderes Vertrauensverhältnis zum Stifter gehabt.

Auch sei die Zweckentfremdung nicht rechtsgenüglich nachgewiesen. In den Gesellschaften seien noch Rückstellungen vorhanden. Er verneinte eine Arglist seines Mandanten wegen der vorliegenden Opfermitverantwortung: Der Stifter habe nämlich Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Sein Mandant dagegen habe keine bösen Absichten gehegt und sei von allen Vorwürfen freizusprechen.

Um den Deliktsbetrag und die Verfahrenskosten zu decken, will der Staatsanwalt eine Liegenschaft, eine Briefmarkensammlung und rund 1500 Flaschen Wein verwerten. Allerdings sind bei diesen die Eigentumsverhältnisse umstritten, da der Beschuldigte sie auf seine Frau und Tochter übertragen hat. Der Staatsanwalt zog dies jedoch in Zweifel. So verstehe die Frau, der die Weinsammlung gehören soll, wenig bis gar nichts von Wein.

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt gefällt. (SDA)

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