Sammeleinsprache sorgte für Diskussionen

Die Gesamtrevision der Ortsplanung war das Hauptthema an der Gemeindeversammlung in Schongau. Die Bevölkerung nahm sie knapp an – die zwei offenen Einsprachen wies sie nicht ab. Zudem wurde der 21-jährige Kilian Furrer in die Rechnungskommission gewählt.

Priska Roth wurde zur Präsidentin und Kilian Furrer als Neumitglied der Rechnungskommission gewählt. Foto: Milena Stadelmann
Milena Stadelmann

Vier Stunden dauerte am Montagabend die Gemeindeversammlung in Schongau. Die Gesamtrevision der Ortsplanung mit zwei unerledigten Einsprachen lockte 169 Stimmberechtigte in die Mehrzweckhalle des Schulhauses. «Die Diskussion wurde im Dorf mit viel Emotionen geführt», sagte Gemeindepräsident Thierry Kramis bereits zu Beginn der Versammlung. Es sei gar von Fronten die Rede gewesen. Dementsprechend gab das Traktandum an dem Abend viel zu diskutieren.

Nicht alle Entscheide, die im Rahmen der Ortsplanungsrevision fielen, seien für alle gleich optimal, sagte Kramis. Das liege in der Natur der Sache. Der vorliegende Vorschlag sei aus Sicht des Gemeinderates aber ausgewogen und wichtig. Schongau liegt nicht innerhalb der strategischen Entwicklungsachsen des Kantons, weshalb ihr kein Entwicklungspotenzial zusteht. Deshalb muss die Entwicklung über Nachverdichtung und Innen­entwicklung erfolgen.

In Bezug auf die Gesamtrevision der Ortsplanung wurde der Gemeinderat an der Versammlung mehrfach für ihre Kommunikation kritisiert. Die Betroffenen seien nicht genügend über die Änderungen und die Konsequenzen für ihre Grundstücke informiert worden. Kramis wehrte sich: Die öffentliche Mitwirkung sei allen offen gestanden.

Von Weiler- zu Dorfzonen
Ein entscheidender Punkt in der Gesamtrevision der Ortsplanung stellt die Umzonung von Weiler- in Dorfzonen – respektive von Nichtbau- in Bauzonen – dar. Davon betroffen sind die Ortsteile Oberschongau/Chalchtaren, Rüdikon und Niederschongau-Vorderdorf. Einzig das Gebiet Niederschongau-Hinterdorf verbleibt in der Weilerzone. Ziel dieser Umzonungen ist es gemäss der Gemeinde, die bekannte traditionelle dezentrale Siedlungsstruktur zu erhalten und dennoch eine massvolle Weiterentwicklung zu ermöglichen.

In diesem Zusammenhang behandelten die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung eine unerledigte Sammeleinsprache. Diese wurde von vier Besitzern eines Landwirschaftsbetriebs eingereicht und forderte unter anderem: Auf die Umzonung des Dorfteils Vorderdorf von der Weilerzone in die Dorfzone sei zu verzichten. Die Einsprechenden befürchten durch eine Umzonung Einschränkungen oder gar eine existenzielle Gefährdung für ihre Betriebe. Ein Einsprechender stellte klar: «Wir sind an einer einvernehmlichen Lösung interessiert.» Das gute Zusammenleben in Niederschongau und der Dorffrieden sei ihnen ein grosses Anliegen. Dies beteuerten auch weitere Votanten über den Abend.

Der Schongauer Markus Kretz, Präsident der Luzerner Bäuerinnen und Bauern, argumentierte vor den Versammelten im Namen der Einsprechenden. Der Gemeinderat sowie Barbara Gloor von der Metron Raumentwicklung AG, welche an der Ortsplanungsrevision mitarbeitete, begründeten den vorliegenden Entwurf. Auch Stimmen aus der Versammlung meldeten sich auf beiden Seiten zu Wort. Nach einigen Diskussionen stellten die Einsprechenden einen neuen Ordnungsantrag und passten damit ihre Forderungen an. Dieser beinhaltete unter anderem: Die Umzonung Niederschongau-Vorderdorf sei von der «Genehmigung Gesamtrevision Ortsplanung» abzutreten und an den Gemeinderat zurückzuweisen. Verbunden mit einer Rückweisung sei für Niederschongau-Vorderdorf eine Erhaltungsbauzone auszuarbeiten.

Eine Person aus der Versammlung stellte die Frage, was eine Erhaltungsbauzone für die übrigen Anwohnenden innerhalb der geplanten Dorfzone bedeuten würde. Diese Frage konnte Gloor nicht abschliessend beantworten. Darauf meldete sich ein weiterer Votant: Über etwas abzustimmen, wenn man die Konsequenzen nicht kenne, mache keinen Sinn. Aus seiner Sicht bestehe Kommunikationsbedarf zwischen den Einsprechenden und dem Gemeinderat. Er stellte den Antrag, die Umzonung Niederschongau-Vorderdorf zwar von der «Genehmigung Gesamtrevision Ortsplanung» auszunehmen, jedoch über keine weiteren Punkte zu entscheiden.

Vor der Abstimmung über die Ordnungsanträge machte Kramis darauf aufmerksam: Eine Annahme habe allenfalls eine Neuauflage zur Folge und bedeute Mehrkosten. Da der Sonderkredit für die Ortsplanungsrevision aufgebraucht sei, könnten erst an der Gemeindeversammlung Ende des Jahres neue finanzielle Mittel gesprochen werden.

Schliesslich stimmten die Anwesenden dem Antrag der Einsprechenden mit 99 Ja- zu 25 Nein-Stimmen zu und lehnten den zweiten Ordnungsantrag aus der Versammlung ab. Über den gemeinderätlichen Antrag auf Abweisung der Sammeleinsprache wurde infolge nicht mehr befunden.

Knappe Abstimmung
Eine zweite Einsprache betraf das Gebiet Oberschongau. Das ehemalige Pfarrhaus befindet sich seit mehreren Jahren in Privatbesitz und wird als Wohnhaus genutzt. Das Grundstück wird allerdings der Zone für öffentliche Zwecke zugeteilt. Die Besitzer stellten den Antrag, das Grundstück in die Dorfzone A zu überführen. Den Antrag des Gemeinderates, die Einsprache abzuweisen, lehnten die Stimmberechtigten mit 131 Nein- zu 16 Ja-Stimmen ab.

Für die Schlussabstimmung passte der Gemeinderat seinen Antrag wie folgt an: Der Gemeinderat beantragt der Gemeindeversammlung die Gesamtrevsision Ortsplanung mit Zonenplan Siedlung und Landschaft, Bau- und Zonenreglement BZR, Gewässerraumkarten – unter Berücksichtigung der im Verlauf der Gemeindeversammlung gefassten Beschlüsse – zuzustimmen. Dafür stimmten 85 Stimmbürger, womit das absolute Mehr exakt erreicht wurde. 56 stimmten gegen den Antrag.

Wahl in Rechnungskommission
Die weiteren Traktanden der Gemeindeversammlung wurden zur Nebensache. Die Stimmberechtigten genehmigten grossmehrheitlich die Abrechnung Sonderkredit Ersatzbau Werkhof. Das Projekt wurde laut der Gemeinde «zeitgerecht auf Ende 2022 und innerhalb der Kreditlimite abgeschlossen». Der Ersatzbau wurde notwendig, weil die Regiowehr Aesch mehr Platz benötigte und der Werkhof keinen Raum mehr im bestehenden Gebäude hatte. Christian Muff, Kommandant der Regiowehr Aesch, bedankte sich bei den Beteiligten für die Umsetzung des Projekts.

Weiter stand an der Gemeindeversammlung die Ersatzwahl für ein Mitglied und das Präsidium der Rechnungskommission an. Das bisherige Mitglied Priska Roth stellte sich als Präsidentin für den Rest der Legislatur zur Verfügung. Als neues Mitglied kandidierte der 21-jährige Kilian Furrer aus Oberschongau. Unter Applaus trat er vor die Versammelten: «Es würde mich freuen, wenn ihr mir als junge Person das Vertrauen schenkt und mich in die Rechnungskommission wählt.» Die Stimmberechtigten wählten sowohl Priska Roth als auch Kilian Furrer einstimmig in ihre neuen Ämter.

Positives Jahresergebnis
Die Gemeinde Schongau schliesst die Erfolgsrechnung 2022 mit einem Ertragsüberschuss von rund 113 000 Franken ab – bei einem betrieblichen Aufwand von 6,76 Millionen Franken. Dies ist einerseits auf höhere Steuererträge aus früheren Jahren gegenüber dem Vorjahr zurückzuführen. Budgetiert war ein Verlust in der Höhe von 68 000 Franken. «Das Budget 2022 konnte sehr gut eingehalten werden», sagte Ivo Gerig, Gemeinderat für das Ressort Finanzen.

Auch die weiteren Gemeinderätinnen und -räte gingen an der Versammlung auf ihre Ressorts ein und informierten über Aktuelles. Dabei machte unter anderem Gemeindepräsident Thierry Kramis auf den Fachkräftemangel aufmerksam. Die Stelle des Gemeindeschreibers oder der Gemeindeschreiberin sei in Schongau nach wie vor offen. Adrian Bütler vom Ressort Bau, Umwelt und Sicherheit informierte zum Stand des Bebauungsplans Rüedikon. Die Freigabe zur Vorprüfung sei durch den Gemeinderat erfolgt und beim Kanton eingereicht. Nach den Sommerferien startet die öffentliche Mitwirkung. Im Bereich Umwelt beschäftige die Gemeinde zurzeit die langfristige Wasserversorgungssicherheit, sagte Melanie Wydler vom Ressort Umwelt, Verkehr und Sicherheit. Zudem ging die neue Gemeinderätin an ihrer ersten Gemeindeversammlung auf die Einführung von Tempo 30 auf der Kantonsstrasse ein. Die Gemeinde müsse warten, bis der Kanton das weitere Vorgehen beschlossen habe. Mehrere Votanten meldeten sich kritisch zum Vorhaben des Gemeinderates.

Der Jahresbericht 2022 wurde von den Stimmberechtigten schliesslich einstimmig angenommen.

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