Die «gute Fee» der Eishalle

In ihrer Freizeit engagiert sich Regina Zurfluh unermüdlich für den Eishockey-Nachwuchs und im Vorstand des HC Seetal. Sie hilft überall, wo sie gebraucht wird. Nicht aus sportlicher Begeisterung, sondern aus Liebe zu ihren Söhnen.

 

Jonathan Furrer

Für den Fotografen posiert Regina Zurfluh auf dem Eisfeld in der Halle «Südi» in Hochdorf lächelnd und ein wenig unsicher. Dabei hält sie den Eishockey-stock verkehrt in der Hand. Als sie den Fauxpas bemerkt, lacht sie. «Das werden meine Söhne bestimmt sofort bemerken.»

Die Liebe zu ihren Söhnen war auch der Grund, warum die 46-Jährige ehrenamtlich beim HC Seetal mitzuhelfen begann – nicht die Leidenschaft für das Eishockey. Beim Gespräch im Südi-Beizli hat Zurfluh nach dem Fotoshooting wieder sicheren Boden unter den Füssen. «Ich habe nie Eishockey gespielt und kann auch nicht gut Schlittschuhlaufen», sagt Zurfluh. «Doch mittlerweile finde ich es sehr spannend zuzuschauen.»

Zurfluh ist im Vorstand des HC Seetal offiziell für «Management und Service» zuständig. «Früher nannte man diese Aufgabe Materialwart, aber diese Bezeichnung ist nicht mehr zeitgemäss», erklärt sie. Daneben organisiert und begleitet sie beispielsweise auch Juniorenlager. Zurfluh ist seit über zehn Jahren für den Verein aktiv. Ihre zwei Söhne traten damals der Hockeyschule bei, und da auch beim HCS immer Helfer gebraucht werden, wurden sie und ihr Mann angefragt, ob sie sich als Nachwuchsbetreuer engagieren wollten. Sie liessen sich beide überzeugen, obwohl Regina Zurfluh vorher mit Eishockey nichts zu tun hatte. «Es ging dabei darum, darauf zu achten, dass die Kids in der Drittelspause genug zu essen und trinken bekommen, ihnen beim Anziehen der Eishockeyschuhe zu helfen und stets ein offenes Ohr für sie zu haben.» Nach einiger Zeit zog sich ihr Mann zurück. Das Gegenteil passierte bei Regina Zurfluh: Sie übernahm immer mehr Aufgaben im Klub. «Meine Motivation dafür waren Dankbarkeit und das Gemeinschaftsgefühl, das ich als grosse Bereicherung erlebe. Ich sah, wie viel der Verein den Jungen bietet, so wollte ich auch gerne meinen Teil beitragen und mich einsetzen, wo ich kann.»

Frau in der Männerdomäne
Der HC Seetal nahm sukzessive immer einen grösseren Stellenwert in Zurfluhs Leben ein. «Zeitweise habe ich durchschnittlich ein bis zwei Tage wöchentlich für den Verein gearbeitet.» Alles unter einen Hut zu bringen, war und ist eine Herausforderung. Zurfluh arbeitet zu 50 Prozent als Sachbearbeiterin in der Verwaltung. Job, Kinder, Haushalt, HC Seetal; es kommt einiges zusammen. «Das Staubsaugen muss manchmal warten», sagt sie schmunzelnd. Der Ehemann und die Kinder würden aber zu Hause viel mithelfen. «Für meine Hilfe im Klub Geld zu verlangen, wäre mir nie in den Sinn gekommen.» Sie habe das immer freiwillig und aus Spass gemacht. «Es ist bis jetzt auch nie vorgekommen, dass ich keine Lust dazu hatte.» Die ehrenamtliche Tätigkeit für den HCS sei für sie immer ein «wollen», nie ein «müssen».

Zurfluh sieht sich als «Mädchen für alles» im Verein. Eishockey ist zwar nach wie vor eine Männerdomäne. Doch die Zeiten ändern sich und sie sieht in ihrer Rolle beim HCS diesbezüglich kein Problem. «Ich fühle mich sehr respektiert von allen im Verein.»

Zurfluh kümmert sich neben dem Material und dem Betreuen der Jungen auch um Administratives und die Organisation der Intensivtage sowie die Trainingslager des Nachwuchses. Dazu gehören Reise, Transport und Verpflegung. Jedes Jahr reist sie beispielsweise für eine Woche mit nach Tschechien, zusammen mit dem hauptberuflichen Eishockeytrainer des HC Seetal, Miro Ptacek, der aus dem osteuropäischen Land stammt. Die Reisen und Lager erfüllen Zur-fluh jeweils sehr. «Es macht mir jedes Mal viel Freude, diese Zeit mit den Kindern zusammen zu erleben und für sie da zu sein.» Früher half sie an den Intensiv-tagen auch dabei, für alle zu kochen – doch das hat sie nun abge-geben.

Sohn ist Goalie im Ambri-Nachwuchs
Ihre Söhne waren in den Lagern in Tschechien jeweils auch mit dabei, doch jetzt kommen sie langsam aus diesem Alter raus. Yanick (16), der ältere, ist sehr ehrgeizig und träumt davon, Profispieler zu werden. Der Goalie trainiert nicht nur beim HCS, sondern auch regelmässig beim populären HC Ambri-Piotta und wird dort natürlich entsprechend gefördert. Er kommt dort aber noch nicht so oft zum Einsatz wie bei seinem Stammverein. «Ob sein Talent für eine Profikarriere reicht, wird sich zeigen. Da muss er sicher hart dafür kämpfen», sagt seine Mutter. Sie unterstützt ihn aber sehr und fährt ihn für die Trainings von Ballwil, wo die Familie wohnt, ins Tessin. Doch setzt Yanick nicht alles auf die Karte Eishockey, sondern macht eine Lehre als Heizungsinstallateur. Manuel (14) spielt als Verteidiger bei der Seetaler U15, er ist (noch) nicht so ambitioniert wie sein Bruder und besucht die Schule. Tochter Ramona (19) machte nie beim Verein mit. Doch auch wenn ihre Söhne irgendwann nicht mehr beim HCS dabei sein würden, wäre das kein Grund für Zurfluh zurückzutreten: «Ich habe nicht vor, im Vorstand aufzuhören.» Denn die Tätigkeit macht ihr nach wie vor grosse Freude. «Auch liegt mir das Wohlergehen des Klubs sehr am Herzen.»

Da, wenn sie gebraucht wird
Bei Zurfluh wurde das Interesse für Eishockey in den letzten Jahren immer grösser. «Die Schnelligkeit und Dynamik faszinieren mich.» Sie guckt sich gerne auch Matches der höchsten Schweizer Liga im TV an – am liebsten natürlich die von Ambri; und wenn ihre Söhne spielen, lässt sie sich das nie entgehen und ist immer vor Ort mit dabei. «Ich fiebere da immer sehr mit.»

Auf das Fieber und den Einsatz für den HCS würde Pascal Kaufmann «höchst ungern» verzichten. Der Vorsitzende der Lenkungsgruppe des Vereins hat denn auch nur Lob für Regina Zurfluh übrig: «Auf sie können wir uns immer verlassen. Sie ist da, wenn sie gebraucht wird und hilft, wo sie kann.» Im Moment laufe wegen der Corona-Zeit nichts, denn Spiel- und Trainingsbetrieb sind eingestellt. Daher ist im Verein momentan wenig zu tun. «So habe ich Zeit für Dinge, die sonst zu kurz kommen, wie das Büro aufräumen oder Papiere ordnen», sagt Zurfluh. «Ich hoffe aber sehr, dass wir 2021 zurück zur Normalität kommen und die Spieler wieder ihrer Leidenschaft nachgehen können.»

Die Zeit sei auch finanziell schwierig für den Verein, die Einnahmen aus den Heimspielen oder vom Hallenbeizli fallen weg. «Auch die Sponsoren sind alle am Sparen», so Zurfluh. Doch bleibe der Verein optimistisch, dass es bald besser werde. Doch einfach werde es nicht. Das sieht auch ihr «Chef» Kaufmann so.

Punkten oder zahlen
Der HC Seetal ist einer der erfolgreichsten Sportvereine der Region. Die erste Mannschaft spielt in der 2. Liga, auch die Begeisterung der Jugend für den Eishockeysport ist gross. So sind momentan rund 250 Spieler von jung bis alt angemeldet. Der Verein hat eine eigene Hockeyschule und eine komplette Nachwuchsabteilung, im Sommer wird auch Inlinehockey gespielt.

Leute zum Mithelfen zu bewegen für den Verein, sei eine schwierige Sache, weiss Kaufmann: «Heutzutage sind viele beruflich ausgelastet und finden die Zeit nicht mehr, im Verein anzupacken. Doch wird gleichzeitig erwartet, dass stets ein attraktives Programm und Angebot für alle da ist.» Unter den Mitgliedern gebe es aber immer viele, die Ämtli übernähmen – ein bisschen Druck brauche es aber dazu. So gebe es im Verein ein Punktesystem, jedes Mitglied müsse pro Jahr 20 Punkte erreichen. «Diese Zahl kann geschafft werden durch verschiedenste Einsätze im Verein. Wer das nicht kann oder will, zahlt pro fehlenden Punkt 20 Franken in die Kasse», erläutert der Vorsitzende. Da gebe es schon einige, die das dann lieber mit Geld lösen. Kaufmann: «Regina Zurfluh betrifft das natürlich nicht, denn ein Vorstandsposten gibt im vornherein 20 Punkte.» Ohne diese ehrenamtliche Hilfe der Mitglieder würde es aber nicht funktionieren, wenn man den Leuten einen Lohn bezahlen müsste, könne man aufhören als Verein. Kaufmann: «Dann gäbe es uns nicht mehr.»

Solange es aber solidarische Menschen gibt mit einem grossen Herzen wie Regina Zurfluh, solange haben regionale Sportvereine eine gute Zukunft. Pascal Kaufmann hat da ein schönes Schlusswort: «Sie ist die gute Fee des HC Seetal.»      Jonas Baud

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