Solarpanels schützen Beeren und Umwelt

Als einer der ersten Landwirtschaftsbetriebe hat die Bioschmid GmbH aus Gelfingen eine Agri-Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Diese produziert Strom und schützt gleichzeitig die Beerenkultur im Aescher Tägerfeld vor Wind und Wetter.

Werner Rolli

Die Agri-Photovoltaikanlage wird als Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Institut Agroscope in Conthey (VS) und der Berner Fachhochschule als Forschungspartner realisiert. Dabei werden drei unterschiedliche Systeme an ein und demselben Standort getestet. Zwei davon sind aktuell in Betrieb. Das dritte wird in den nächsten Wochen installiert und in Betrieb genommen, wie Heinz Schmid gegenüber dem «Seetaler Bote» erläutert.

Eine Gesetzesänderung, genau die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, beschleunigte das Bewilligungsverfahren. Innerhalb der Landwirtschaftszone dürfen normalerweise keine Bauten erstellt werden, es sei denn, sie beeinträchtigen die landwirtschaftlichen Interessen nicht oder nur geringfügig, oder dienen landwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungszwecken. Diese Bedingung erfüllt die Photovoltaikanlage im Tägerfeld in Aesch. Nach der Baueingabe im Mai 2022 wurde die Baubewilligung – ohne Einsprachen – bereits im Januar des folgenden  Jahres erteilt. Seit Juni fliesst Strom.

Die erste Anlage ist mit Kollektoren (im Fachjargon Wafers genannt) ausgestattet, die auf lichtdurchlässigen Flächen – ähnlich einer Klarsichtfolie –aufgebracht sind, und zwar auf zwei Seiten (bifacial), jedoch mit kleinen Abständen. Die Flächen sind vertikal nach Sonnenauf- und untergang ausgerichtet und unbeweglich. Somit produzieren sie am Vormittag und gegen Abend mehr Strom. Gleichzeitig spenden sie den Beeren Schatten. Unterhalb der Sonnenkollektoren ist der Witterungsschutz angebracht.

Diese sogenannte Folienabdeckung ist in Beerenkulturen üblich, sie schützt vor Regen und Hagel, sowie vor Krankheiten. Gleichzeitig reflektiert die Schutzfolie Licht zurück auf die fix installierten Panels, wodurch die Stromproduktion verbessert wird. Heinz Schmid hat dieses System selbst entwickelt. Er hat 2015 bereits sein eigenes Unternehmen Oberfeld Energie GmbH gegründet und ist offiziell in der Branche «Erzeugung von und Versorgung mit Elektrizität» tätig.

Alles per App gesteuert

Im zweiten Teil der Anlage weisen die einzelnen Wafers auf den angewinkelten Panels grössere Abstände auf. Sie bedecken lediglich etwa 40 Prozent der Fläche eines Panels, wie Heinz Schmid erklärt. Sie sind ebenfalls beidseitig angebracht. Die Struktur erinnert an ein Gewächshaus. Die Panels spenden Schatten, schützen vor der Witterung und erzeugen gleichzeitig Strom. Via App auf dem Smartphone kann Heinz Schmid nicht nur die Lichtsumme, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Feuchtigkeit und Bestrahlungsmenge ablesen, sondern gleichzeitig einen Schirm steuern, der unter den Panels horizontal angebracht ist. Diese Schutzfolie mit ihrer aluminiumähnlichen Oberfläche wird ausgefahren, wenn die Temperatur über 27 Grad steigt. So schützt sie die Beeren dank ihrem Schatten hundertprozentig gegen die Sonne und erhöht gleichzeitig dank ihrer stark reflektierenden Eigenschaft die Stromproduktion um etwa 20 Prozent. Gleichzeitig hält der Schirm die Wärme im «Zelt» während der Nacht oder als Frostschutz. Die Steuerung ermöglicht auch, dass nur ein Teil der Schutzfolie ausgefahren wird.

Beide Anlagen produzieren bereits Strom, wie Schmid ausführt. Dieser wird von der CKW ins Netz eingespeist und vom Netzbetreiber übernommen. Um dies zu bewerkstelligen, waren einige Vorarbeiten notwendig. Glücklicherweise befindet sich eine Trafostation in unmittelbarer Nähe. So waren die notwendigen Installationen innert nützlicher Frist erledigt. Man sei auch im Gespräch mit der Industrie in der Nachbarschaft, sagt Heinz Schmid, jedoch ist eine direkte Belieferung des Stroms aus der Photovoltaikanlage derzeit noch nicht möglich.

Dank Bewegung mehr Ausbeute

In wenigen Tagen beginnen die Arbeiten an der dritten Versuchsanlage. Diese ist technisch anspruchsvoll, weil die einzelnen Panelenreihen beweglich sind. Die Agrotrack genannte Anlage richtet sich im Sonnenmnodus nach dem Sonnenstand aus und im Pflanzenmodus nach dem Lichtbedürfnis der Pflanzen. Über die Software kann die erforderliche Lichtmenge für die Pflanzen gesteuert werden. So produziert sie bis zu 30 Prozent mehr Strom, als eine starre Installation. Gebaut wird die Agri-Photovoltaikanlage in Zusammenarbeit mit der Firma Megasol AG. Monika und Heinz Schmid führen den Betrieb in Gelfingen seit 1996 nach den Richtlinien des biologischen Landbaus. Die Betriebszweige der Bioschmid GmbH sind die Sprossenproduktion, Beeren und Rindviehhaltung, sowie Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Umfeld des Landwirtschaftsbetriebs.

Ab 2024 wird bei allen drei Anlagen sowie der Kontrollfläche für drei Jahre geforscht. Der Hauptfokus liegt dabei auf der pflanzlichen Produktion. Spannend wird sein, ob sich auch ein geringerer Wasserbedarf bei den schattierten Pflanzungen feststellen lässt. Heinz Schmid hofft, dass dadurch Erkenntnisse in zukünftige Agri-Photovoltaikanlagen einfliessen können. Es sei, so Schmid, für die Zukunft wichtig zu verstehen, welche Systeme mit welchen Kulturen funktionieren.

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