Einmal Chicago retour mit den «Noggeler»

Dass Musik eine Sprache ist, die alle verstehen, ist hinlänglich bekannt. Auch Jakob Bucher kann das bestätigen, reist er doch heute mit der ­Guuggenmusig Noggeler nach Chicago.

Werner Rolli

Sweet Home Chicago, Stadt am Ufer des Lake Michigan, einst Heimat von Al Capone und ein Zentrum der Bluesmusik. Doch in den kommenden Tagen steht die «Windy City» im Zeichen des «Magnificent Mile Lights Festivals». Mitten drin: Jakob Bucher aus Römerswil mit der Guuggenmusig Noggeler.

Seit 1971 ziehen die Noggeler jedes Jahr mit neuen Sujets und musikalischen Stücken durch die berühmten Luzerner Fasnachtstage. Diesen Monat allerdings reisen die Noggeler bereits zum elften Mal in die Luzerner Schwesterstadt Chicago, ans «Magnificent Mile Lights Festival», um genau zu sein. Da wird die Guuggenmusig gegen eine Million Zuschauer am Strassenrand der grossen Parade zur Eröffnung der «Holiday Season» unterhalten. Daneben absolvieren die Noggeler eine ganze Reihe von Auftritten.

Jakob Bucher ist bereits zum sechsten Mal dabei. Der «Seetaler Bote» hat ihn am Tag vor dem Abflug noch getroffen. Seine Posaune, die Kostüme und die «Grinde» seien bereits in Chicago, erklärt er: «Am Donnerstag früh um 5 Uhr werde ich abgeholt, um 7 Uhr muss ich auf dem Flughafen in Kloten sein.» Bucher hat ursprünglich Automechaniker gelernt, im Alter von 19 Jahren besass er bereits das «Lastwagenbillett», danach sei er mehrere Jahre lang LKW gefahren, erst im Ausland, dann später in der Schweiz. Im Alter von 27 Jahren liess er sich bei den VBL anstellen und führte fortan Trolley- und Motorbusse, fuhr im Regelverkehr ebenso wie auch Sonderfahrten. Heute ist er pensioniert und hat Zeit, sich der Musik zu widmen. Ausserdem baut er leidenschaftlich Bausätze von Lastfahrzeugen. Soeben hat er einen sieben Kilogramm schweren Kran gebaut.

Aufgewachsen ist Jakob Bucher in der Stadt Luzern, später zog es ihn aufs Land «noimed näbenuse», wie er sagt. Seit 15 Jahren lebt er in Römerswil. Zur Musik ist er durch die Guuggenmusig gekommen. Nachdem er einige Zeit ein B-Horn spielte, stieg er bald um auf die Posaune. Seit 24 Jahren ist der nun Mitglied der Noggeler. Anfangs hatte er Bedenken, als ihn ein Arbeitskollege einlud, den Noggeler beizutreten. Notenlesen habe er nie gelernt. Doch irgendwann habe ihn der Ehrgeiz gepackt. So entwickelte er ein System, bei dem er den Noten eine Zahl zuwies. Unterdessen arbeitet er mit einer Software, die es ihm ermöglicht, ganze Partituren für Trompete und Posaune zu schreiben. So sei er heute der einzige Noggeler, der Noten vom «Sempacher Marsch» hat, sagt er stolz.

Posaune bleibt erste Wahl

Ein anderes Instrument als die Posaune kann sich der 67-Jährige nicht vorstellen. Er freut sich jetzt schon darauf, dass er im kommenden Jahr ein Jubiläum feiern kann: 25 Jahre Noggeler. Doch jetzt geht es erst einmal nach Chicago. Das Publikum dort reagiere sehr enthusiastisch, betont er: «Wir werden jeweils als ‹Swiss Carnival Band› angekündigt.» Dass eine Guuggenmusig in Fasnachtskostümen und «Grinde» auftritt, das kenne man in Amerika nicht, erklärt er: «Die Leute sind sehr begeistert». Jakob Bucher schwärmt von der Professionalität vor Ort. Die Auftritte an grösseren Orten, wie Einkaufszentren, würden auf gigantische Monitorwände übertragen. Das Programm vor Ort wird durch die Vereinigung «Chicago Sister Cities International» erarbeitet und organisiert.

Im Jahre 2003 durfte er zum ersten Mal dabei sein. Und wie gefällt ihm Chicago? «Phänomenal,» sagt er, ohne zu zögern: «Wenn man sich diese Wolkenkratzer ansieht, da könnte es einem schwindlig werden.» Er sehe die Stadt jedes Mal wieder mit anderen Augen, erzählt er. Vom John-Hancock-Building aus sieht man über die ganze Stadt. «Rüüdig», sagt er und wirkt dabei wie jemand, der zum ersten Mal eine grosse Reise antritt. Ja, er sei schon etwas nervös, meint er, doch den Jetlag, den stecke er locker weg: «Ich brauche nicht so viel Schlaf.»

Am meisten freut sich Jakob Bucher, der seit Anfang Jahr Witwer ist, auf das Musizieren mit den Noggeler, gerade auch in Chicago. Er lobt die Kameradschaft und den Zusammenhalt in der Guuggenmusig, das gemeinsame Erlebnis. Steht gerade kein Auftritt an, vertreibt er sich die Zeit beim Shopping. Da sind schliesslich drei Enkelkinder, die er mit Plüschtieren und Kleidern verwöhnen kann. Und die Einkaufsläden in Chicago seien riesig. Er erinnert sich, wie er auf seiner ersten Reise stundenlang ein Parfum für seine Tochter gesucht habe. Dass er bis heute kein Wort Englisch spricht, macht die Sache nicht einfacher. Aber, man könne sich ja auch mit Händen und Füssen verständigen. «Am Ende habe ich immer alles erhalten, was ich wollte», lacht er.

Ein Vierteljahrhundert lang Schwesterstädte

Seit 1998 sind Luzern und Chicago Partnerstädte. «Aus Anlass der 700-Jahr-Feier der Schweiz 1991 wurden die Noggeler zum ersten Mal in die USA eingeladen», erklärt Noggeler-Präsident Matthias Lipps auf Anfrage des «Seetaler Bote»: «Wir reisen dieses Jahr mit 45 Personen nach Chicago. Die Noggeler haben aktuell 68 Mitglieder.»

Einen Teil der Reise (circa 30 Prozent) finanziert der Verein über das ordentliche Budget der Musik. Dafür würden jeweils Rückstellungen gemacht, der Rest werde von den mitreisenden Mitgliedern selbst bezahlt. Die diesjährige Reise steht im Zeichen der 25-jährigen Städtepartnerschaft zwischen Luzern und Chicago. An der Parade werden Vertreter aller 29 Partnerstädte von Chicago teilnehmen. Diese Parade ist der Höhepunkt der Reise und findet auf der sogenannten «Magnificent Mile» statt.

Diese «prächtige Meile» ist die Einkaufs- und Flanierstrasse in Chicago und liegt zwischen dem Chicago River und dem Lake Shore Drive und bildet den nördlichen Teil der Michigan Avenue. Das «Magnificent Mile Lights Festival» findet jährlich am Samstag vor Thanksgiving statt. Eine Million Lichter, verteilt auf 200 Bäume, erleuchten dann das Viertel und stimmen auf die kommenden Weihnachtstage ein. Das Festival hat seinen Ursprung in der Aktion der Vereinigung «Greater North Michigan Avenue», die 1949 zum ersten Mal einen 50 Fuss hohen Weihnachtsbaum mit 1500 Lichtern schmückte. Jakob Bucher sitzt bereits im Flugzeug nach Chicago. Er dürfte sich «rüüdig» freuen.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.