Frau Holle ist gefordert
Jonas Baud
Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah... Dieses schöne, alte Sprichwort trifft auch auf die Region Seetal zu, zumindest was das Ausüben von Schneesport betrifft. In Herlisberg auf einer Höhe von 740 bis 790 Metern über Meer können Langlaufbegeisterte auf einer Panoramaloipe mit toller Aussicht auf das fast 300 Meter darunter liegende Seetal auf einer Rundstrecke von zehn Kilometern ihrem Hobby frönen; sowohl Langlauf Klassisch wie auch Skating ist möglich. Wer gerne auf zwei Brettern den Hügel heruntersaust, kommt beim Skirennen (Super-G) von Waldhus nach Herlisberg oder sogar wie früher von Herlisberg runter zum alten Schulhaus Retschwil auf seine Kosten.
Grosse Nachfrage
Organisiert wird dieser Betrieb von der IGSR (Interessengemeinschaft Skirennen Herlisberg-Retschwil). Sie wurde 1983 gegründet und hat rund 100 Mitglieder. Zuerst war der Verein nur für die Durchführung des Skirennens zuständig, 2008 übernahm man vom Turnverein Römerswil dann auch die Betreuung der Langlaufloipe.
Präsidentin der IGSR ist seit diesem September Olivia Willi (32) und Aktuar ist seit eineinhalb Jahren Marco Züsli (21). «Sobald Schnee fällt, kommen schon die ersten Anrufe, ob die Langlaufloipe geöffnet ist», sagt Olivia Willi. Die Nachfrage im Seetal und im Michelsamt sei also absolut da, auch von Auswärtigen.
Zu milde Winter wegen der Klimaerwärmung
Doch die Voraussetzung, damit die Loipe öffnen kann, ist natürlich, dass genügend Schnee liegt. «Es reicht eigentlich schon, wenn das Gras mit Schnee bedeckt ist, etwa 10 bis 15 Zentimeter sind genug, um die Loipe zu machen», so Willi. Doch auch auf dem Erlosen ist die Klimaerwärmung zu spüren. Frau Holle schüttet ihre Kissen nur noch sparsam auf die Hänge rund um Herlisberg aus, daher war es in den in den letzten Jahren oft recht milden Wintern nur sporadisch möglich, die Loipe zu öffnen.
«Wir haben etwa zwischen 10 bis 30 Betriebstage pro Saison», sagt die Präsidentin. «Es gab aber auch schon einen Winter, bei dem gar nichts lief», ergänzt Marco Züsli. Besonders schön sei beispielsweise gewesen, dass man in der letzten Saison von Weihnachten bis Neujahr offen halten konnte.
Spontan und flexibel
Sie hoffen natürlich beide, dass die Saison 2025/26 auf dem Herlisberg schneereich und kalt wird. «Wenn das Wetter schön ist und die Bedingungen stimmen, haben wir hier viel Andrang von Langläufern», so Züsli. Für den Betrieb des Loipenkafis braucht es dann sicherlich vier bis fünf Leute, die vor Ort sind. Wenn genug Schnee gefallen ist, reagiert das Pistenteam jeweils sehr schnell, damit die Langlaufloipe so bald wie möglich öffnen kann. «Uns macht aus, dass wir sehr flexibel sind und spontan reagieren können», sagt Willi. So könne der Verein innert kürzester Zeit den Betrieb auf die Beine stellen und die Piste und Loipe präparieren, mit einem vor zwei Jahren angeschafften Raupenquad. «Wir haben da eine enorme Einsatzbereitschaft im Verein», ergänzt sie stolz.
Mit den Landbesitzern wird bereits im Vorfeld der Saison abgeklärt, wo die Route durchführen darf. «Uns ist wichtig, dass durch unseren Betrieb kein Schaden entsteht», sagt Züsli.
Zustupf in die Vereinskasse durch Loipenpass
Für die Langlaufloipe wird kein offizieller Eintrittspreis verlangt, erwünscht sei aber ein freiwilliger Beitrag. «Meist geben die Leute etwa zehn Franken, manchmal aber auch mehr.» Auch der Loipenpass ist in Herlisberg natürlich gültig, damit kann man in der ganzen Schweiz langlaufen während der Wintersaison, auf 5500 Loipenkilometern und kostet 160 Franken.
«Wir freuen uns über jeden Pass, der über uns bezogen wird, denn pro Pass erhalten wir rund 100 Franken in unsere Vereinskasse», sagt Züsli.
Wieder mal ein Skirennen in Herlisberg?
Besonders schön fänden es die beiden, wenn erstmals seit 2017 wieder ein Skirennen auf dem Herlisberg ausgetragen werden könnte. «Da braucht es aber noch mehr Schnee, etwa 20 bis 30 Zentimeter», so Züsli. Bei der letzten Austragung waren 400 Teilnehmer mit dabei, einfach auf der verkürzten Strecke von Waldhus bis Herlisberg.
Dass das Skirennen bis ganz nach Retschwil führte, ist noch viel länger her – 2005; das war das zehnte Mal seit der Gründung der IGSR. Doch diesbezüglich gibt sich Marco Züsli skeptisch: «Ich glaube nicht, dass wir es je wieder bis ganz herunter durchführen können. Die Wetterverhältnisse lassen das wohl nicht mehr zu.»
In der Region aufgewachsen
Olivia Willi und auch Marco Züsli haben beide eine starke Verbindung zur IGSR. Schon als Kinder hätten sie Helfereinsätze gehabt, erzählt die Präsidentin, etwa beim Erstellen der Piste fürs Skirennen; der Verein setzt sich seit jeher aber auch sehr für die Kinder und die Jugend der Region ein und hilft mit, die Teilnahme an Lagern zu finanzieren. «Das ist bei uns in den Statuten so verankert und wir wollen diese Tradition beibehalten», so Willi. «Wir können mit den Erträgen aus unserem Betrieb meist zwischen fünf und zehn Lager mit Zuwendungen unterstützen», sagt Züsli.
Davon konnten beide auch in ihrer Jugend profitieren, denn sie stammen aus der Umgebung; Marco Züsli ist in Herlisberg aufgewachsen und wohnt immer noch dort; Olivia Willi verbrachte ihre Kindheit in Retschwil und lebt nun in Beromünster. «Dank der Unterstützung des Vereins konnten wir viel günstiger ins Sommerlager, und er finanzierte für uns Schüler aus Retschwil den Bus, mit dem wir nach Römerswil ins Turnen gebracht wurden», sagt sie. Dass sie sich für den Verein engagieren, sei für beide eine Herzensangelegenheit, wie sie betonen.
Weitere Aktivitäten
Die IGSR beteiligt sich auch an weiteren Aktivitäten in der Umgebung und den Dörfern. Bei der Gewerbeausstellung in Römerswil (17. bis 19. April) wird man vor Ort sein und eine Bar betreiben. Zudem werde man bei der Austragung vom «Donnschtig Jass» in Römerswil oder Hohenrain mithelfen. Geplant ist ausserdem in Zukunft, eine sogenannte «Skichilbi» durchzuführen, mit Festzelt und Après-Ski-Musik.
Sie können sich beide vorstellen, weiterhin im Vorstand der IGSR mitzuwirken. Dazu sagt Olivia Willi: «Wir haben ja erst gerade mit unserer Arbeit angefangen, ich denke, wir werden uns noch lange für den Verein einsetzen.
Hier kann man sich über den Langlaufbetrieb und den Verein IGSR informieren: www.igsr.ch
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