Thierry Kramis gibt das Ruder weiter
von Kathrin Aerni
Der baldige Ex-Gemeindepräsident wird am 28. August sein Büro mit gemischten Gefühlen betreten. Eines ist aber jetzt schon klar: Thierry Kramis wird zum letzten Mal als Präsident die Klinke der Gemeindehaustüre drücken. Der grossgewachsene Mann wirkt ruhig und souverän. Kein Wunder, er ist Segler und ist sich als solcher Turbulenzen und Veränderungen gewohnt. In seinem Büro sieht man das grosse Bild eines stürmischen Weltmeeres mit Leuchtturm hängen. Noch sei er unsicher, ob er das Bild mitnehmen solle oder nicht.
Zeitintensives und komplexes Amt
Turbulenzen hat es auch in seiner achtjährigen Amtszeit gegeben, sagt Kramis. Der in Buttwil im Freiamt aufgewachsene Geschäftsführer einer Informatikfirma ist 2013 nach Schongau gezogen. Nicht zuletzt, weil das Bauland erschwinglich gewesen sei, betont Thierry Kramis. Völlig überraschend rutschte er drei Jahre später ins Gemeindepräsidentenamt – ohne zuvor ein politisches Amt ausgeübt oder einer Partei angehört zu haben. Als Neuling löste er damals Roland Moser ab. «Ich bin sozusagen wie die Jungfrau zum Kind gekommen», sagt Thierry Kramis schmunzelnd. Und ergänzt: «Ich war blauäugig und wusste nicht, welche Komplexität ein solches Amt mit sich bringt.» Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt trat er dann in die FDP ein. So wurde mit der Zeit aus dem Newcomer ein Routinier.
Und jetzt nach zwei Legislaturen der Verzicht. Eigentlich war alles ganz anders vorgesehen: Ende November letzten Jahres an der ausserordentlichen Gemeindeersatzwahl suchte der Gemeinderat eine Nachfolgerin für die abtretende Finanz-Gemeinderätin Ruth Keller. Der Gemeinderat wollte deshalb jemanden für das vakante Ressort Finanzen. Weil keine Vorschläge eingingen, was in kleineren Gemeinden keine Seltenheit ist, löste man das Problem intern: Ivo Gerig, bisher Ressortvorsteher Bildung, Soziales, Gesundheit, Kultur und Freizeit, stellte sich als neuer Gemeindepräsident zur Verfügung. Das kam Thierry Kramis nicht ungelegen: «Ein kompletter Schnitt im vierköpfigen Gemeinderatsgremium wäre schwierig gewesen.» Der Hauptgrund für seinen Rücktritt liegt allerdings darin, dass er beruflich als Geschäftsführer einer Informatikfirma sehr engagiert ist. Darüber hinaus hat er auch noch eine Familie. Und das Amt eines Gemeindepräsidenten wird laut Kramis in der Theorie zwar mit 25 Stellenprozent umschrieben, was jedoch nicht ganz der Praxis entspreche. Man müsse eher mit über 50 Prozent rechnen. «Es war eine grosse Herausforderung, als ich mit
34 Jahren als Gemeindepräsident gewählt worden bin», gesteht Thierry Kramis. Denn er hatte keine Erfahrungen in einem politischen Amt vorzuweisen. Doch bereuen tut er nichts.
Grosse Veränderungen
in der Gemeinde
Die Gemeinde Schongau wurde in den letzten acht Jahren mit grossen Veränderungen und Herausforderungen konfrontiert, sagt Thierry Kramis. Man hatte dabei auch mit externen Einflüssen zu kämpfen wie etwa der Coronakrise. Auch seitens des Kantons wurde Schongau gefordert: mit kantonalen Reformen und Sparpaketen. Zu den kommunalen Projekten gehörte nebst der Einführung von digitalisierten Prozessen auch die Umsetzung der Qualitätssicherung. «Mir ist es wichtig, dass das Gemeinderatsgremium weiterhin nachvollziehbar kommuniziert und Schongau in der Region gut verankert ist.» Das Bauamt wurde – wie bei vielen anderen kleineren Gemeinden – aus-
gelagert.
Zu Beginn Mühe mit Kritik
Auf die Frage, welche Charakterstärken er ins Gemeindepräsidium einbringen konnte, musste Thierry Kramis nicht lange überlegen. «Ich halte mich an die Fakten und versuche auf sachlicher Ebene, Lösungen zu finden.» Die «Versachlichung bei Entscheidungen» sei ihm zwar auch schon seitens der Bevölkerung vorgeworfen worden, räumt Kramis ein. Auch, dass er Befindlichkeiten zu wenig berücksichtige und sich zu kompliziert ausdrücken würde. «Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit Mühe gehabt, mit dem Umfang und der Art von Kritik umzugehen», gibt er zu. Der Umgang mit Kritik habe er während seiner Amtszeit am meisten lernen müssen. Er sei vielleicht nicht der volksnahste Mensch, aber einer der sich engagiert und im Sinne der Sache handelt. Das Know-how im Bereich der Informatik, Führung, Prozesse, usw. ist sicherlich die Stärke des FDP-Mannes. «Aber ich gehöre halt nicht zu den Menschen, die regelmässig in der Beiz anzutreffen sind.» Dafür segelt der scheidende Gemeindepräsident umso lieber und liest gerne in seiner spärlichen Freizeit.
Gut aufgestelltes Team für
die Zukunft
Thierry Kramis sagt, dass es keinen besseren Zeitpunkt gibt, um zurückzutreten. Denn viele Projekte konnten abgeschlossen werden. Und die Zusammenarbeit innerhalb des Gemeinderats funktioniere bestens.
Die Finanzlage bleibt laut Kramis
allerdings angespannt, weil die Gemeinde in den nächsten zehn Jahren kein Bauland mehr verkaufen kann oder Einnahmen generieren kann, welche die Ausgaben decken. «Man muss das jetzt erkennen und nicht erst, wenn es zu spät ist. Wir haben das ja auch schon seit Jahren auf der Agenda.»
Längerfristig könne die Gemeinde nicht alleine überleben, so Kramis. Sie müsse einen starken Partner finden. «Ich wünsche mir für Schongau, dass die Gemeinde künftig noch mehr mit anderen Kommunen aus der Region zusammenarbeitet. Für alle Gemeinden in der Region wünsche ich mir das
gemeinsame Schultern von Herausforderungen.»
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