«Das Seetal soll in die Biosphäre»

Das Online-Magazin «Kultz» verspricht, Kultur und Satire auf eine Art zu verbreiten, wie es die Zentralschweiz noch nicht gesehen hat. Ein Gespräch mit dem Co-Geschäftsleiter zeigt: Das kann ja heiter werden.

Heiri Weingartner fehlt in der Zentralschweiz "konkreter Journalismus"
Jonathan Furrer

Heiri Weingartner, hängt bereits eine Luzerner Landkarte in der Redaktion?
Nein, kennen Sie Google Maps?

Sie wissen, worauf wir anspielen. Auf unsere Anfrage im Januar, ob Sie auch einen Artikel über das Seetal planen, antworteten Sie mit: Für die erste Episode von «Kultz ermittelt» würden Sie der Frage nachgehen, weshalb das Entlebuch der Corona-Hotspot des Kantons war …
Ich bin eine geografische Wildsau und meine Mitarbeitenden übernehmen keine Verantwortung für mein diesbezügliches Unwissen. Dafür kann ich alle neun Zentralschweizer Kantone aufzählen.

Da freuen sich die Aargauer, Zürcher und Basler bestimmt über die Berichterstattung aus ihrer Region. Nun aber ernsthaft. Sie lancieren ein Zentralschweizer Online-Magazin für Kultur und Satire. Wie Sie mittlerweile wissen, ist das Seetal ein Teil der Zentralschweiz. Haben Sie also die Region entsprechend auf dem Radar? Ist etwas geplant?
Ja, wir werden uns dafür einsetzen, dass das Seetal in die Biosphäre Entlebuch aufgenommen wird. Wir finden, dass Seetaler und Seetalerinnen die dortige Biodiversität aufmischen müssen.

Eine Umsiedlung der hiesigen Bevölkerung ins Entlebuch hätte einen grossen Vorteil: Dem Bau von Umfahrungsstrassen würde niemand mehr im Wege stehen. Ein Thema, das die lokalen Medien seit Jahren begleiten. Sie kritisieren den Zentralschweizer Journalismus, es fehlen Ihnen «einige Dinge». Was meinen Sie damit konkret?
Uns fehlt ganz konkret Journalismus. Alles, was wir lesen, sind Gefälligkeitsartikel, News oder «Content».

Eine solche Meinung können Sie nur vertreten, da Sie den «Seetaler Bote» nicht kennen. Aber zurück zu Ihrem Magazin. Die Idee eines von zahlenden Mitgliedern – die Mitgliedschaft kostet bei «Kultz» mindestens 50 Franken pro Jahr – und Stiftungen getragenen Online-Mediums, welches den Anspruch hat, anders als der bisherige Journalismus zu sein, erinnert stark an die «Republik», welche Anfang 2018 an den Start ging. Inwiefern orientieren Sie sich an dem Zürcher Online-Magazin?
Wir möchten die Demokratie vor der «Republik» retten. Das tun wir, indem wir in unseren Artikeln nicht erst bes-serwisserisch mit Fremdwörtern um uns schmeissen oder 300 000 Zeichen brauchen, um auf den Punkt zu kommen.

Zum Start spuckte jene «Repu-blik» grosse Worte. Gar den ganzen Journalismus wollte man retten. Auch Ihr Magazin gibt sich vor dem Start unbescheiden und verspricht bissige Satire, Fachkompetenz, Humor, Originalität, Kritik, Unabhängigkeit und Tiefe. Könnten Sie Ihre Versprechen halten?
Nein, spätestens Ende Jahr brauchen wir neue Versprechen. Ernsthaft: Das müssen Sie unsere Leserinnen und Leser fragen.

Sie wollen im Magazin Widersprüche, Unrecht, Heuchelei, Igno-ranz und Naivität blossstellen. Wie kann der Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und Satire gelingen?
Wer zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann, kann auch zwischen Satire und Berichterstattung unterscheiden. Menschen, die Covid-19 für eine von Reptiloiden und Kinderbluttrinkern erfundene Krankheit halten, sind bei uns vermutlich weniger gut aufgehoben.

Welche Leserschaft versteht Ihren Humor?
Vor allem Ihr Publikum, nämlich Entlebucherinnen und Entlebucher – deshalb ist es sehr wichtig, dass diese jetzt unter www.kultz.ch Member werden.

Seit dem vergangenen Dezember konnten Sie zusätzliche 33 000 Franken mittels Crowdfunding sammeln. Wie hoch ist Ihr Startkapital nun und wie lange ist der Betrieb damit gesichert? Und was passiert danach?
Genügend Mittel, um ein paar Monate auszuprobieren. Ob das Experiment weiterhin gelingt oder nicht, hängt ganz von neuen Membern ab.

Hat Sie dieser Erfolg in dieser -kurzen Zeitspanne überrascht?
Jein.

Konkrete Antworten sind wohl nicht so Ihr Ding. Probieren wir es anders: Was sagt Ihnen die erfolgreiche Sammlung?
Sie sagt mir: Wir schaffen das.

Um «das» zu schaffen und auch finanziell erfolgreich zu sein, brauchen Sie eine bestimmte Anzahl zahlender Member oder bezahlte Werbung. Von was wie viel?
So viele Member wie möglich, so wenig Werbung wie nötig.

Wie viele Artikel pro Tag und -Woche sind vorgesehen?
So viele wie möglich, so wenig wie nötig. Jonathan Furrer

 

Offizieller Start von «Kultz» ist für Mitte März geplant, Redaktionsräume jedoch nicht: «Wir machen kein Büro auf», sagt  Co-Geschäftsleiter Heiri Weingartner. Bevor sich der 31-Jährige 2019 dem Projekt «Kultz» hingab, war er Redaktor bei «041 – Das Kulturmagazin» und als freier Journalist tätig.

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