Gemeinsam gegen Elterntaxi und für sichere Schulwege

Die Gemeinden Hochdorf, Ballwil, Eschenbach und Inwil haben gemeinsam die Kampagne «Elterntaxi Stopp» lanciert. Eltern sind aufgefordert, ihre Kinder nicht zur Schule zu chauffieren.

An der Urswilstrasse sorgen Fussgängerstreifen und Tempo 30 für Sicherheit. Zu den Hauptverkehrszeiten ist die Strasse rege befahren. Foto Werner Rolli
Werner Rolli

Für die Eschenbacher Schüler Fynn und Lukas ist die Sache eigentlich klar: Sie können sich gar nicht vorstellen, von ihren Eltern zur Schule chauffiert zu werden. Fynn hat sowieso einen kurzen Schulweg, daher geht er zu Fuss. Lukas nimmt das Velo, sein Schulweg dauert rund 5 bis 10 Minuten. Die aktuelle Kampagne der Gemeinden Hochdorf, Ballwil, Eschenbach und Inwil richtet sich gezielt an jene Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Entstanden ist diese Kampagne aufgrund der interkommunalen Zusammenarbeit zum Thema Mobilität. Gaby Oberson, Ressortleiterin Bau, Verkehr und Umwelt in Hochdorf, erklärt: «In der Zusammenarbeit der vier Gemeinden Ballwil, Eschenbach, Inwil und Hochdorf steht aktuell das Thema Mobilität im Vordergrund. Gemeinsam haben wir uns entschieden, im 2023 das Thema Mobilität auf den Fuss- und Velowegen zu fokussieren.» Noch bis Ende 2024 wollen die vier Gemeinden gemeinsam die Thematik Fuss- und Veloverkehr beleuchten. Während 2023 im Zeichen des Fussverkehrs stand, soll im kommenden Jahr der Schwerpunkt auf dem Fahrradverkehr liegen.

Schulwegsicherheit ist ein grosses Anliegen

Gerade in Hochdorf ist die Schulwegsicherheit ein Thema: «Täglich kommt es auf den Strassen rund um unsere Schulhäuser zu teilweise grossem Verkehrs-aufkommen, da einzelne Kinder mit dem Auto bis zum Schulhaus gefahren werden», sagt Rolf F. Biesser, Rektor der Schule Hochdorf. Vor zwei Jahren schon gelangte die Mitte (früher: CVP) in einer Petition an den Hochdorfer Gemeinderat. Darin wurde moniert, dass die «gesamtheitlich unbefriedigende Situation auch in Hochdorf dazu führt, dass die Eltern ihre Kinder vermehrt mit dem Auto zur Schule bringen». Dies löse eine Negativspirale aus: «Mehr Elterntaxis führen zu noch mehr Verkehr (und stehenden Autos) und dieser nährt wiederum das Bedürfnis nach mehr Elterntaxis.»

Längerfristig hat sich die Gemeinde zum Ziel gesetzt, die Querung der Stras­sen bei allen Schulhäusern zu vereinheitlichen. Dies hat aber teils bauliche Interventionen zur Folge, was der Grund ist, dass die Gemeinde die Massnahmen nicht gleichzeitig überall umsetzen kann. Immerhin konnten zum Schulbeginn im August dieses Jahres die Fussgängerstreifen in der Urswilstrasse und an der Ron realisiert werden, wie Gaby Oberson ausführt. Vorher markierten Füsschen auf beiden Strassenseiten die vermeintlich sichere Querung der Strasse. Doch gerade jüngere Kinder brauchen eine Signalisation, die an ihre Bedürfnisse angepasst ist und ihre kognitiven Fähigkeiten berücksichtigen.

«Im Sinne der Schulwegsicherheit für unsere Schülerinnen und Schüler ist es der Schule Hochdorf wichtig, diese Themen in enger Zusammenarbeit mit den Eltern, dem Elternforum und der Gemeinde Hochdorf lösungsorientiert zu thematisieren», sagt Biesser und führt aus: «Der Schulweg gehört zur Verkehrsbildung der Schülerinnen und Schüler und kann bereits im Kindergartenalter zugemutet werden, wie etwa das Überqueren von befahrenen Strassen mit Fussgängerstreifen oder mit Lichtsignalen.»

Gaby Oberson fügt hinzu: «Kinder sollen den Umgang als Fussgänger und Fussgängerinnen auf der Strasse lernen. Der Schulweg ist ein gutes Lernfeld dafür. Der Schulweg fördert die Bewegung. Die Bewegung unterstützt die Gesundheit und ermöglicht Begegnungen mit anderen. Freundschaften werden gepflegt und die Umgebung wird auf eigene Faust erkundet. Ist ein Kind beim Schuleintritt fähig, seinen Schulweg alleine zu gehen, ist es stolz. Es übt sich im Thema Selbstständigkeit und Eigenverantwortung.»

«Taxifahrten zur Schule hingegen hindern die Kinder daran, die Sicherheit im Fussverkehr zu erlernen und gefährden andere Kinder durch gefährliche Manöver im Schulhausbereich», fügt sie an. Im Grundsatz liege der Schulweg im Verantwortungsbereich der Eltern beziehungsweise der Erziehungsberechtigten. Das Gemeinwesen sei zuständig für einen zumutbaren Schulweg. «Das Recht auf Bildung beginnt an der Haustüre» stellt der Verein Fussverkehr Schweiz in seiner Broschüre zum Thema Schulweg fest. Der Verein hält fest, dass der Schulweg ein wichtiges Stück Lebensweg und für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder von grosser Bedeutung sei.

Gemeinsam, aber nicht gleichzeitig

Die vier Gemeinden behandeln alle dieses Thema, doch nicht zur genau gleichen Zeit. In Hochdorf zum Beispiel wird das Thema erst in einer Woche aufgenommen. Die Gemeinde Eschenbach forderte bereits in der September-Ausgabe des Dorfblattes «Pöstli» die Eltern schulpflichtiger Kinder auf, ihre Kinder zu Fuss zur Schule zu schicken. Das Elternforum6274 – Arbeitsgruppe Schulwegsicherheit (heute: «Eltern mit Wirkung 6274») schreibt bereits 2021 dazu: «Im Bereich der Einfahrt zur Überbauung Lindenfeld (Neuheimblöcke) kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen bei der Ein- und Ausfahrt zur Überbauung. Auch im Bereich Schulhaus und Turnhalle Neuheim ist die Situation immer wieder kritisch.» «Wir haben das Glück, dass in Eschenbach alles schnell zu Fuss erreichbar ist. Wir freuten uns, dies durch die Fussverkehrswoche der AKS hervorzuheben», sagt Eschenbachs Gemeindeammann Markus Kronenberg dazu. «Mit der Weiterentwicklung unseres Dorfzentrums werden wir den Fussverkehr im Dorfzentrum weiter stärken. Zu Fuss durchs Dorf zu gehen, hat viele Vorteile – für die Umwelt, Gesundheit und den sozialen Kontakt.»

Und wie sehen das die Betroffenen selbst? Viertklässler Fynn erzählt: «Manchmal treffe ich auf dem Schulweg Freunde, dann reden wir miteinander. Manchmal bin ich auch alleine, aber ich bin natürlich lieber mit Freunden zusammen, da geht auch die Zeit schneller vorbei.» Sollte es regnen oder gar schneien, zieht Fynn eine warme Jacke an, zieht die Kapuze hoch und geht einfach schneller. Lukas fährt alleine zur Schule, trifft dann seine Freunde im Schulhaus oder auf dem Pausenplatz. Wie gefährlich stuft Lukas seinen Schulweg ein? Lukas: «Ich muss die Hauptstrasse überqueren, aber da steige ich einfach ab und überquere die Strasse zu Fuss.» Auch Lukas ist mit einer Regenjacke ausgerüstet.

Fynn würde es vermissen, den Schulweg nicht zu Fuss zurückzulegen. Der Weg ist zu kurz für das Auto, das würde länger dauern, als den Weg zu Fuss zu gehen, sagt er. Sollte seine Familie umziehen und der Schulweg dadurch länger, wäre das für ihn aber schon problematisch. Er fährt zwar ab und zu Fahrrad, gerne mit seinem Grossvater, aber Fynn und Lukas haben die Veloprüfung noch nicht absolviert, weil sie dafür noch zu jung sind.

Lukas kann sich gar nicht so recht vorstellen, mit dem Auto chauffiert zu werden, «es sei denn es stürmt mega oder ich bin zu spät dran...» Er könnte auch einen längeren Schulweg problemlos mit dem Fahrrad bewältigen, sagt er. Am Anfang habe ihn seine Mutter noch zu Fuss zur Schule begleitet, doch nach kurzer Zeit war Lukas selbstständig genug, den Weg alleine unter die Füsse zu nehmen.

«Wenn die Kinder von ihren Eltern in die Schule gebracht würden, gäbe es hier in der Strasse zu viel Verkehr», gibt Fynn zu bedenken. «Das könnte auch gefährlich werden», sagt er. «Denn da kommen manche Kinder mit dem Velo und die Schüler der Oberstufe teilweise mit ihren Motorrollern.»

Lukas achtet auf dem Schulweg sehr darauf, «dass es allen gut geht», wie er sagt, er möchte nicht, dass jemand verletzt wird, und lässt Fussgängern den Vortritt. Manchmal bittet er auch darum, dass man ihn passieren lässt. Es gibt in der Gemeinde Velo­wege, manchmal müsse er aber aufs Trottoir ausweichen, was ihm mehr Sicherheit gibt.

In ihrer Freizeit betätigen sich die zwei Knaben sportlich. Leichtathletik und Unihockey gehören zu Fynns Lieblingssportarten. Er kann sich aber auch mit Spielzeugautos beschäftigen oder sich eine Geschichte anhören. Ausserdem spielt er Gitarre. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag verbringt er die Mittagszeit in einer Kita in Inwil, manchmal ist er auch nach der Schule da. An diesen Tagen wird er abgeholt.

Lukas verbringt seine Freizeit gerne draussen, trainiert im Parkour-Verein in Luzern oder hört sich Harry-Potter-Podcasts an. Lukas würde sich breitere Trottoirs wünschen, so dass es getrennte Fahrbahnen für Velos und Fussgänger hat. So müsste er mit dem Velo nicht auf der Strasse fahren. In Eschenbach gibt es das an der Luzernstrasse in Richtung Luzern.

Wie sieht die Situation in Hochdorf aus in Bezug auf Velowege? Gaby Oberson führt aus: «Es geht uns nicht darum, möglichst viele Fuss- und Velowege anbieten zu können. Es geht darum, ein sinnvolles Netz von Fuss- und Velowegen zu schaffen, so dass sich die Fussverkehrsteilnehmenden und die Velofahrenden sicher von A nach B bewegen können. Im Anschluss an die Velo- und Fussweganalyse wird ein Fuss- und Velowegkonzept erarbeitet. Die ersten Erkenntnisse daraus zeigen auf, dass es auch im Angebot von Fuss- und Velowegen Optimierungspotenzial gibt.»

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