Tempo 30: SVP lanciert Petition

Die SVP fordert von den Gemeinden Hochdorf, Ballwil und Eschenbach, den beim Kanton Luzern eingereichten Antrag zur Einführung von Tempo 30 durch die Ortsdurchfahrten zurückzunehmen. Gaby Oberson, Gemeinderätin von Hochdorf,  kann die Forderung nicht nachvollziehen.

In Hochdorf, Ballwil und Eschenbach gilt heute 50 km/h.
Milena Stadelmann

Die Petition «Für eine ausgewogene Verkehrslösung im Seetal», ist seit Kurzem unter der Aktion Pro-Seetal.ch aufgeschaltet. Lanciert wurde sie von Stephan Trost, Vorstandsmitglied der SVP Ballwil. In einer Medienmitteilung gaben die Ortsparteien der SVP Ballwil, Eschenbach und Hochdorf ihre Unterstützung kund. Der Grund für die Petition: Im September stellten die drei Gemeinden beim Kanton Luzern den Antrag, in ihren Ortsdurchfahrten auf der Kantonsstrasse Tempo 30 «zu prüfen und bestenfalls umzusetzen» (der SB berichtete). 

Die Ortsparteien kritisieren das Vorgehen der Gemeinden. «Man hat ohne vorgängigen Dialog mit der Bevölkerung und den Ortsparteien einen verbindlichen Antrag beim Kanton Luzern eingereicht», sagt Trost. Ebenfalls stutzig gemacht habe ihn eine Aussage des Gemeindepräsidenten von Ballwil, Benno Büeler. Auf das Vorgehen angesprochen habe er gesagt, dass es «nicht möglich ist, für jeden Entscheid die Bevölkerung einzubeziehen». Trost sieht das anders: Der Gemeinderat sei und bleibe ein Volksvertreter. Der Ballwiler fordert deshalb von den Gemeinden, «den unter der Federführung von Gemeinderätin Gaby Oberson eingereichten Antrag umgehend zurückzuziehen».

«Lediglich eine Prüfung angefragt»
Benno Büeler kann die Kritik von Trost am Vorgehen der Gemeinden «ein Stück weit verstehen». Grundsätzlich sei er auch dafür, die Bevölkerung miteinzubeziehen. In dem konkreten Fall wäre es aber das falsche Vorgehen gewesen. «Wir wollten zuerst wissen, ob die Einführung von Tempo 30 auf der Kantonsstrasse überhaupt möglich wäre.» Zudem findet er: «Dem Gemeinderat wird mit der Wahl schliesslich auch eine gewisse Entscheidungskompetenz und Verantwortung mitgegeben.» Gaby Oberson, zuständige Gemeinderätin beim Ressort Bau, Verkehr und Umwelt in Hochdorf, sieht das gleich. Die Forderung, den Antrag zurückzuziehen, kann sie nicht nachvollziehen. Sie dementiert auf Anfrage, dass der eingereichte Antrag verbindlich sei. «Wir haben lediglich eine Prüfung angefragt. Mit dem Ziel nicht einfach drauflos zu planen, sondern eine saubere Grundlage zu schaffen, um das weitere Vorgehen zu eruieren.» Zu einem späteren Zeitpunkt sei das Interesse vonseiten der Gemeinde gross, die Bevölkerung und Ortsparteien mit auf den Weg zu nehmen.

Kanton prüft Tempo-30-Zone
Trost ist überzeugt: «Wenn vonseiten des Kantons nichts gegen den Antrag spricht, wird der Kanton ohne Rücksprache mit den Gemeinden Tempo 30 umsetzen.»

Gemäss Judith Setz, Kommunikationsverantwortliche des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements, ist man derzeit noch gar nicht so weit. «Die Voraussetzungen für eine Bearbeitung der Anträge durch die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur wurden den betroffenen Gemeinden im Rahmen einer Besprechung erörtert. Zurzeit warten wir auf die Antworten der Gemeinden.» Anschliessend werde ein «strassenverkehrsrechtlich erforderliches Gutachten erstellt». Dies und die darauffolgende Beschlussfassung dauere in der Regel bis zu einem halben Jahr. Bezüglich der Umsetzung hat Trost nicht ganz unrecht: «Werden die Bedingungen für die Einrichtung einer Tempo-30-Zone auf Kantonsstrasse erfüllt und sprechen keine ausserordentlichen Gründe dagegen, erlässt die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur die entsprechende Verkehrsmassnahme», so Setz.

Es braucht eine öffentliche Diskussion.
Stephan Trost
SVP Ballwil

Mit der Einführung einer Geschwindigkeitsreduktion auf der Kantonsstrasse erhoffen sich die Gemeinden kurzfristige Verkehrsberuhigung in den Zentren. Denn: Eine langfristige Lösung wie eine allfällige Umfahrung ist noch weit entfernt. In Eschenbach und Hochdorf sind zurzeit Zweckmässigkeitsbeurteilungen und in Ballwil eine Machbarkeitsstudie in Bearbeitung. Oberson: «Der Wunsch, zeitnah Verbesserungen bezüglich der Verkehrssituation, konkret Massnahmen zur Verkehrsberuhigung anzugehen, ist in der Gemeinde allgegenwärtig.»

In einem Brief an Trost, der dieser Zeitung vorliegt, begründet Oberson die Vorteile einer Einführung von Tempo 30 unter anderem mit einer optimaleren Koexistenz der Verkehrsteilnehmenden. Velofahrende und Fussgänger würden profitieren, Lärm reduziert und der Verkehrsfluss optimiert. Zudem nehme die Unfallschwere bei reduziertem Tempo ab. Dabei beruft sie sich auf Zahlen der Beratungsstelle für Unfallverhütung von 2020 und der Vereinigung Schweizerischer Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten von 2019.

Trost hat Zweifel, dass diese Argumente automatisch auf die Seetaler Gemeinden zutreffen: «Mit allgemeinen Fakten zu argumentieren, ist aus meiner Sicht nicht zielführend.» Seiner Meinung nach müsste man konkret abklären, was für Auswirkungen die Einführung von Tempo 30 in den einzelnen Gemeinden hätte. Er verweist auf ein Pilotprojekt von 2014, bei dem in Rothenburg während einem Jahr Tempo 30 auf der Kantonsstrasse eingeführt wurde. Das Resultat des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements: Durch die Geschwindigkeitsreduzierung konnte kein überwiegender Nutzen erzielt werden.

Keine zielführende Lösung

Die Einführung von Tempo 30 auf der Kantonsstrasse ist für Trost daher nicht zielführend. «Es gibt nur während ein paar Stunden ein erhöhtes Verkehrsaufkommen in den Gemeinden. Ich sehe nicht ein, weshalb man die Verkehrsteilnehmenden während 24 Stunden einschränken soll.» Alle Autofahrerinnen und -fahrer wüssten: «30er-Zonen sind Stresszonen.»

Was Trost ebenfalls beschäftigt: Er ist in der Begleitgruppe der Ortsdurchfahrt Ballwil beteiligt. Dort sei die Einführung von Tempo 30 nie als Thema behandelt worden, das es zu fördern gelte. «Wenn eine 30er-Zone so effektiv wäre, müsste man nicht nach teuren Alternativen suchen.» Für ihn ist aber klar: «Es braucht eine langfristige Lösung für den Strassenverkehr.» Wie eine kurzfristige aussehen könnte, weiss er nicht. «Ich möchte aber darüber diskutieren können.»

Mit der Petition wolle er nicht provozieren oder per se gegen eine Tempo-30-Zone sein. Aber: «Es braucht eine öffentliche Diskussion.» Inzwischen haben die Petition online über 220 Personen unterschrieben. Bis im Dezember wollen die Ortsparteien weitere Stimmen sammeln – dann werde man diese den Gemeinden vorlegen. «Diese können die Petition immer noch ignorieren.» Er wünsche sich aber, dass ein sachlicher Dialog zwischen den Gemeinden und den interessierten Bevölkerungsgruppen entstehe, um Fakten zu besprechen, damit man am Ende zu einem Konsens komme.

von Milena Stadelmann

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