Mit Cham die «Grossen» ärgern

Der Nunwiler Trainer und ehemalige Fussballprofi Roland Schwegler (40) coacht seit 2019 erfolgreich den Promotion-League-Klub Cham. Er spricht unter anderem über seine Ziele mit der Mannschaft, seine Karriere und was er seinem Ex-Klub Luzern in der Rückrunde zutraut.

Roland Schwegler, Trainer des SC Cham.
Jonathan Furrer

Roland Schwegler, fühlen Sie sich immer noch wohl in Cham?
Ja, mir gefällt es gut beim SC Cham. Im Moment bereiten wir uns auf die Rückrunde vor, die am Samstag starten wird (Heimspiel gegen den FC Breitenrain, Anm. d. Red.). Die Liga ist sehr ausgeglichen, und wir wollen uns gegen die «Grossen» in unserer Liga wie beispielsweise Bellinzona, Etoile Carouge oder Biel, die neben U21-Teams ebenfalls einen Profibetrieb haben, beweisen. Wir wollen aus unseren beschränkten Möglichkeiten das Optimum herausholen.

Lief die Vorbereitung erfolgreich bisher?
Resultatmässig war die Vorbereitung nicht optimal. Wir haben erst das letzte Spiel gegen Tuggen gewinnen können. Auch hatten wir immer wieder Absenzen aus beruflichen und schulischen Gründen oder wegen Corona. Ich hoffe jedoch, dass wir das jetzt hinter uns lassen und von Verletzungen verschont bleiben.

Was hat sich im Hinblick auf die Rückrunde verändert, und was sind die Ziele?
Wir haben fünf Abgänge und drei neue Spieler. Wir wollen unter die ersten acht Mannschaften kommen, damit wir uns direkt für die 1. Hauptrunde im Cup qualifizieren, so wie im letzten Jahr, als wir sogar Zweiter wurden. Das Spiel gegen den FC Luzern war ein Highlight für alle. Leider haben wir 0:1 verloren.

Was ist Ihre Spielphilosophie, können Sie die kurz beschreiben?
Wir wollen attraktiven Fussball mit viel Herzblut spielen. Ich möchte eine stabile Defensive, bei der alle mithelfen, Tore zu verhindern. Das beginnt schon ganz vorne im Sturm. Ich möchte auch, dass wir den direkten Weg zum Tor suchen. Ich bin kein Tiki-Taka-Fan. Die Zuschauer, die ins Eizmoos kommen, sollen sagen: Das war toll, da kommen wir wieder.

Wie viel Zeitaufwand bedeutet die Traineraufgabe?
In der Vorbereitung trainieren wir viermal pro Woche, in der Meisterschaftsphase dreimal plus das Spiel am Wochenende. Ich bereite die Trainings vor, ich leite diese, analysiere unsere Spiele und schaue auch die Gegner so gut es geht an, damit wir optimal vorbereitet sind. So kommen schon einige Stunden zusammen.


Können Sie Beruf, Familie und Fussball gut unter einen Hut bringen?
Mittlerweile bin ich Regionalleiter Kundenbetreuung bei einer Krankenversicherung. Es ist eine Herausforderung, alles miteinander zu vereinbaren, und es braucht auch viel Verständnis von meiner Familie, wenn ich an einem Samstag den ganzen Tag unterwegs bin und wir nur noch am Sonntag Zeit für uns haben.

Ihr Sohn spielt auch Fussball, ist das noch so? Möchte er auch Profispieler werden wie Sie?
Noah wird bald 16 und ist Torhüter bei Zug 94. Er spielt aus Spass Fussball, um Kollegen zu treffen und neue kennenzulernen. Er möchte nicht Fussballprofi werden, sondern hat seine eigenen Pläne für sein Leben, und das ist gut so.

Wollen Sie noch lange in Cham bleiben oder könnten Sie sich auch eine Traineraufgabe in der Super League oder gar im Ausland vorstellen?
Ich kann mir schon vorstellen, noch länger in Cham tätig zu sein. Um in höheren Ligen als Trainer aktiv sein zu können, benötige ich das UEFA-Pro-Diplom, und das habe ich nicht. Das Diplom zu machen ist fast nicht möglich, wenn man 100 Prozent arbeitstätig ist. Und aktuell passt es so für mich.

Vermissen Sie es, Spieler zu sein?
Nein. Ich hatte eine wunderschöne Zeit, mit Erfolgen, vielen Spielen im Ausland und tollen Trainingslagern wie in Cancun oder Südafrika. Ich mag es, dass ich heute eine andere Rolle habe.

Sie haben ja für GC und Luzern gespielt, welchem Klub fühlen Sie sich am meisten verbunden?
Ich war meine ersten Lebensjahre FCL-Fan und war auf der Tribüne beim Meistertitel 1989, und aktuell kenne ich viele Leute, die für den Verein tätig sind. Aber GC hat mich mit 15 Jahren verpflichtet, ich bin da gross geworden, konnte zweimal Schweizer Meister werden und war insgesamt zehn Jahre da, es gibt noch eine grössere Bindung.

Wer wird Schweizer Meister und wer steigt ab?
Der FCZ macht das Rennen. Die sind sehr stabil, auch mental und reiten auf der Erfolgswelle. Zudem haben sie einen guten Trainer. Lausanne steigt ab.

Was trauen Sie dem FC Luzern zu unter Trainer Mario Frick, schafft er den Ligaerhalt? Warum hatte der Klub diese Saison derartige Probleme bisher?
Die Luzerner werden die Barrage erreichen. Nach dem Cupsieg haben sie wohl gedacht, es geht alles so gut weiter, und einige Träumer haben schon vom Meistertitel gesprochen. Dann kamen sie aber in eine Negativspirale, aus der sie sich bis heute noch nicht richtig herauskämpfen konnten. Ich hoffe, Mario Frick kann den Turnaround schaffen. In einer allfälligen Barrage wird es brutal, das habe ich ja selber erlebt gegen Lugano (2009), als wir auswärts 0:1 verloren haben und im Rückspiel dann 5:0 gewonnen haben. Das war ein brutaler Druck. Es kann alles passieren. Ich wünsche dem FCL den Ligaerhalt von Herzen.

Sie sind ja im Seetal aufgewachsen, was bedeutet Ihnen die
Region heute noch?

Meine Eltern wohnen noch heute in Nunwil. Ich bin aber schon mit 15 zu GC, mit 17 hatte ich die erste eigene Wohnung in Zürich und mittlerweile lebe ich seit 2007 in Hünenberg. Ich komme gern zurück, aber ausser zu meiner Familie habe ich keinen gros-sen Kontakt mehr in der Region.

von Jonas Baud

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