Software im Dienst der Verkehrssicherheit

Seit 50 Jahren entwickelt die Firma Moelbert Datentechnik AG aus Hochdorf Software zur Steuerung von Kraftwerken und Verkehrsleitsystemen.

Werner Rolli

Wer öfters auf der Autobahn unterwegs ist, kennt sie bestens: die Signalisationen, die auf Tempolimiten, Staus und Baustellen hinweisen und Fahrspuren sperren oder freigeben. Diese Verkehrsleitsysteme, bedient von Leitstellen der jeweiligen Kantonspolizei, gehören zu den Spezialitäten der Firma Moelbert AG in Hochdorf.

Doch der Reihe nach: Es war 1972. Im deutschen Fernsehen startet die Science-Fiction-Serie «Star Trek» (zu deutsch: Raumschiff Enterprise), mit der «Magnavox Odyssey» kommt die erste Spielkonsole auf den Markt, HP lanciert den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner, und mit Eugene Andrew Cernan betritt der vorläufig letzte Mensch den Mond. Und in der Schweiz waren die Kraftwerke Grimsel auf der Suche nach einer Lösung, wie ihre Anlagen von der Zentrale in Innertkirchen aus elektronisch gesteuert werden könnten.

Man muss sich das einmal vorstellen. Bis dahin musste an jedem Stausee-Kraftwerk Personal bereitstehen, um die Anlagen zu überwachen. Wurde mehr oder weniger Strom benötigt, rief jemand aus der Zentrale an und gab Anweisungen, welche Turbine ein- oder ausgeschaltet werden sollte.

Computer in der Küche

Hans und Adele Mölbert wurden auf das Inserat der Grimsel-Kraftwerke aufmerksam. Adele Mölbert und ihr Mann Hans unterrichteten damals Mathematik und Chemie am Lehrerseminar in Hitzkirch. Sie war Mathematikerin, er Physiker. Die zwei besuchten die Kraftwerke Grimsel und erarbeiteten erst den theoretischen Aufbau und anschliessend die praktische Umsetzung des Projekts. Susanne Mölbert, die mit ihrem Bruder Markus die Moelbert Datentechnik AG aktuell leitet, erzählt, wie aus dieser Projektarbeit eine Firma entstand. «Meine Eltern mieteten in Hochdorf eine Wohnung. Die Küche war total verstellt mit Computern.» Daraus entstand schliesslich die Firma Moelbert AG.

Im Laufe der Zeit wurden weitere Wohnungen zugemietet. Mitarbeitende für die Unternehmung wurden unter anderem im Bekanntenkreis rekrutiert. 1988 schliesslich bauten die Mölberts in Hochdorf ein Gebäude im Industriequartier. Das Personal bestand zum grösseren Teil aus Frauen. Bis heute arbeiten überwiegend Frauen bei der Moelbert Datentechnik AG, mehrere von ihnen seit Jahrzehnten. Und, man mag es kaum glauben, auch Adele Mölbert ist im Alter von 80 Jahren immer noch in der Firma anzutreffen, wo sie tatkräftig mitwirkt – beim Programmieren von Software.

In den letzten 50 Jahren entwickelte die Firma Moelbert zahlreiche Leitsysteme im Bereich Stromerzeugung, Stromverteilung, Kläranlagen, Fernwärme und Wasserversorgung. Auch sämtliche Schweizer Atomkraftwerke enthielten zeitweise Moelbert-Meldesysteme.

Seit den 90er-Jahren kamen Verkehrsleitsysteme dazu. So wird in Lausanne ab einem Moelbert-System der Pannenstreifen bei starkem Verkehrsaufkommen als zusätzliche Spur freigegeben, um Unfälle zu reduzieren. Die Tunnels der Westumfahrung Zürich sind mit Verkehrslenkungen aus Hochdorf ausgerüstet, und auch auf dem Nordring Zürich werden Moelbert-Steuerungen eingebaut. Diese sorgen im Falle etwa eines Brandes oder Unfalls schnellstmöglich für Sicherheit und lenken den Verkehr um die betroffenen Bereiche herum.

«Die Westumfahrung in Zürich war für uns ein grosses Projekt mit über 3000 Verkehrssignalen, die allesamt von der Zentrale aus gesteuert werden», sagt Susanne Mölbert. Projekte wie dieses beschäftigen das Unternehmen in der Regel mehrere Jahre. Die Konkurrenz ist stark, aber die Hochdorfer haben gegenüber den «Grossen» einen entscheidenden Vorteil: «Wir sind sehr flexibel und können für jeden Kunden massgeschneiderte Lösungen bieten.» Dies und der enge und unkomplizierte Kontakt zwischen Kunde und Hersteller wird überaus geschätzt.

Im Wandel der Zeit

In den letzten 50 Jahren war der Wandel in der EDV enorm, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Moelbert AG stetig fordert und ihre Arbeit spannend macht. Wie es eine ehemalige Mitarbeiterin, welche heute an der Hochschule Luzern Informatik doziert, ausdrückt: «Ein halbes Jahrhundert ist schon sehr beeindruckend für eine Informatikfirma.» Die Anforderungen an die Sicherheit im Strassenverkehr steigen laufend. Der Verkehr soll möglichst flüssig bleiben, während gleichzeitig Unterhaltsarbeiten oder eine Bergung von Unfallopfern ohne Risiko für die Rettungskräfte erfolgen sollen.

Aktuelle Themen wie E-Mobilität, Carsharing und autonomes Fahren sowie erneuerbare Energien, moderne Technologien und zukünftige Stromversorgung bieten neue Entwicklungsfelder. Die Arbeit wird den Hochdorfern nicht so schnell ausgehen.

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