Wie sieht die Zukunft der IPH aus?

Der Kanton Bern erwägt, eine eigene Polizeischule zu gründen und stellt den Fortbestand der IPH in Frage. Welche Auswirkungen dies auf den Betrieb der Hitz­kircher Polizeischule hat, will nun eine Seetaler Kantonsrätin wissen. Die IPH ihrerseits gibt sich optimistisch.

Glaubt an die Zukunft seiner Schule nach 2035 – auch ohne Bern: IPH-Direktor Alex Birrer.
Jonas  Hess

Der Kanton Bern erwägt, ab 2036 eine eigene Polizeischule zu führen. Das hat die Regierung Anfang Mai bekannt gegeben. Die Konsequenz aus diesem Entscheid wäre der Ausstieg des Kantons Bern aus dem Konkordat über den Betrieb der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch. Seit 2004 schicken elf Kantone ihre Aspirantinnen und Aspiranten nach Hitzkirch. Der Konkordatsvertrag läuft bis 2035. Bern könnte also frühestens ab diesem Zeitpunkt austreten. Der Hauptgrund, warum Bern einen Ausstieg erwägt, sind die Kosten. «Mit der Führung einer eigenen Polizeischule reduzieren sich die jährlichen Kosten des Kantons Bern um schätzungsweise 2,3 Mio. Franken pro Jahr», so der Regierungsrat in einer Mitteilung.

Bern rechnet mit «Effizienzgewinn»
Mit einer eigenen Polizeischule könne die praxisbezogene Ausbildung und die Ausbildungseffizienz verbessert werden, so die Berner Regierung. Auch das Mitspracherecht und die Einflussmöglichkeiten der beteiligten Kantone seien heute gering. Insbesondere für den Kanton Bern, welcher einen Drittel der Kosten trage. Die IPH hat ein Budget von jährlich 13 Mio. Franken. Davon entfällt ein Drittel des Betrags auf den Kanton Bern, also gut 4,3 Millionen Franken. Auf Anfrage erklärt Andreas Michel, Generalsekretär der Sicherheitsdirektion in Bern, dass eine eigene Polizeischule etwa gleich teuer wäre. Jedoch rechne man mit einem «Effizienzgewinn» in der Höhe von 1,2 Millionen Franken. Bei der IPH rechnet Bern neben der Leistungspauschale von 4,3 Mio. nochmals mit übrigen Kosten von 1,1 Mio. Franken für Spesen, Wegzeit für Transfer nach Hitzkirch und Koordination dazu. «Diese Kosten von 5,4 Mio. wurden mit den geschätzten Kosten für die eigene Polizeischule und dem Effizienzgewinn verglichen», so Michel. Ob der Kanton Bern tatsächlich aus dem Konkordat austritt, muss der Grosse Rat entscheiden. Dieser ist für die Kündigung zuständig. Gemäss der Regierung berät dieser «frühestens in der Herbstsession das weitere Vorgehen».

Seetaler Politiker sorgen sich
Die Absicht der Berner Regierung hat im Seetal für Aufregung gesorgt. «Diese Tatsache beunruhigt uns im Seetal sehr, weil die IPH ein wichtiger Partner für die Region Hitzkirchertal ist», sagt Claudia Wedekind, CVP-Kantonsrätin aus Ermensee. Sie hat zusammen mit weiteren Ratskolleginnen und Kollegen eine Anfrage an die Luzerner Regierung gestellt. Darin stellt sie unter anderem die Frage, was der Ausstieg für den Betrieb der IPH, deren Mitarbeitenden sowie für die weiteren Konkordatskantone bedeuten würde. Zudem fragt sie nach der Strategie, damit Bern im Konkordat bleibt und ob es eventuell weitere Kantone gibt, die ins Konkordat aufgenommen werden können. Wedekind glaubt nicht, dass die Fehler bei der IPH zu suchen sind. «Die Berner bemängeln nicht die Qualität der Ausbildung.» Trotzdem müsse man die einzelnen Punkte, welche kritisiert werden, genau anschauen und eventuell so ändern, dass die Berner bleiben. Auf den Betrieb der Schule habe die Ankündigung derzeit sicher keinen Einfluss. «Die Aufgabe der Politik ist aber, langfristig zu denken, deshalb habe ich diese Anfrage auch eingereicht.»

Bern hat mehr Stimmkraft
Für Alex Birrer, Direktor der IPH Hitzkirch, kommt die Ankündigung der Berner nicht überraschend. «Die entsprechende Motion im Berner Grossen Rat wurde bereits 2018 eingereicht. Regierungsrat Philippe Müller hat zudem die Konkordatsbehörde und auch die Direktion der IPH vorgängig über den Entscheid des Berner Regierungsrats in Kenntnis gesetzt.» Die Kritik der Berner, dass die praxisbezogene Ausbildung zu kurz kommt und die Absolventinnen und Absolventen noch ein Praxisjahr absolvieren müssen, damit sie im einzelnen Kanton Polizeidienst leisten können, will Birrer so nicht stehen lassen. «Diese Aussage könnte leicht missverstanden werden. Alle 11 Konkordatskantone sind mit der inhaltlichen Qualität des Ausbildungsjahres an der IPH sehr zufrieden, das gilt auch für den Kanton Bern.» Zudem sei seit dem Start der Schule allen beteiligten Kantonen klar gewesen, dass eine gemeinsame Schule Vorteile bringe, man aber «in Bezug auf korpsspezifische Praxis gewisse Abstriche» machen müsse. Diese Situation sei für alle Kantone gleich, so Birrer.

Auch bezüglich Mitspracherecht und Einflussmöglichkeiten sei der Kanton Bern besser aufgestellt als kleinere Kantone. Das Stimmverhältnis im Schulrat sei anhand der beanspruchten Ausbildungsplätzen der letzten vier Jahre angesetzt. «Entsprechend verfügen grössere Kantone, wie der Kanton Bern, auch über mehr Stimmkraft.» Da gleichzeitig die Beschlüsse eine Zwei­drittel-Mehrheit erfordern, hätten grosse Kantone durchaus mehr Einflussmöglichkeit als kleinere. Dem stimmt der Berner Generalsekretär Andres Michel grundsätzlich zu. «Im Schulrat verfügen die grösseren Kantone tatsächlich über eine höhere Stimmkraft.» Dies gelte aber eben nur für den Schulrat. «In der Konkordatsbehörde hat aufgrund der föderalistischen Gepflogenheiten jeder Kanton unabhängig von seiner Grösse und den Schülerzahlen jeweils nur eine Stimme.»

Ist die IPH noch zeitgemäss?
Gemäss Alex Birrer wird die Konkordatsbehörde im 2022 einen Projektauftrag erteilen, «um die Zukunft der IPH nach 2035 fundiert anzugehen». Dabei würden Fragen zum Konkordatsvertrag, der Finanzierung und der Ausnutzung der Infrastrukur im Zentrum stehen. Die Berner stellen die Zukunft der IPH bereits jetzt in Frage. Bei der Gründung der Schule sei die Harmonisierung der Ausbildung der verschiedenen Kantone im Vordergrund gestanden und die betriebsspezifischen Unterschiede seien diesem Ziel untergeordnet worden, sagt Andreas Michel. Heute werde dieses Ziel durch die vorgegebenen und anerkannten gesamtschweizerisch gültigen Ausbildungsvorgaben des Schweizerischen Polizeiinstituts sichergestellt. Michel schliesst daraus: «Interkantonale Polizeischulen sind deshalb nicht mehr zwingend nötig und die korpsspezifische praxisorientierte Ausbildung kann bei grossen Kantonen in eigenen Schulen effizienter erfolgen.»

Sollte der Kanton Bern an seiner Meinung festhalten und das Konkordat kündigen, sieht Alex Birrer den Fortbestand der Schule nicht in Gefahr: «Wenn der Kanton Bern ausscheidet, dann fallen wie berichtet circa ein Drittel der Aspirantinnen und Aspiranten weg. Dies muss allerdings nicht zwingend auch einen Einfluss auf den Betrieb als Ganzes und namentlich auf die Anzahl Mitarbeitenden haben. Die IPH als Betrieb beinhaltet neben der Grundausbildung auch die Bereiche Weiterbildung und Seminare.» Zur Zukunft der IPH sagt Birrer: «Die politische Diskussion in den kommenden Jahren wird Klarheit geben müssen über Ausrichtung, Umfang und Infrastruktur.»

von Jonas Hess

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.