Umfahrung Hochdorf: Zwei Varianten

Der Kanton und die Gemeinde haben mittels einer Zweckmässigkeitsbeurteilung (ZMB) verschiedene Verkehrslösungen für eine allfällige Umfahrung von Hochdorf geprüft. Das Resultat: Die Variante «Null+» liegt vor der besten Umfahrungslösung. Weil die Gesamtbetrachtung im Seetal noch aussteht, fliesst auch die beste Umfahrungsvariante in die Planungssynthese Seetal ein.

Das Verkehrs­aufkommen zu Stosszeiten ist in Hochdorf beträchtlich. Foto Werner Rolli
 

Die «ZMB Umfahrung Hochdorf» wurde in enger Zusammenarbeit mit der Begleitgruppe der Gemeinde Hochdorf, den beauftragten Fachleuten und den zuständigen Dienststellen des Kantons erarbeitet. Nun teilt das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern in einer Mitteilung die Ergebnisse mit. «Wir haben den Prozess der ZMB als transparent und fair erlebt. Die Projektleitung hat auf Anregung der Gemeinde und der Begleitgruppe diverse zusätzliche Abklärungen getroffen», sagt Gaby Oberson, die zuständige Gemeinderätin von Hochdorf. Der ursprüngliche Variantenfächer von 13 Varianten reduzierte sich im Verlauf der eingehenden Untersuchung auf noch sechs Varianten, die in der Schlussbewertung miteinander verglichen wurden.

Unter Berücksichtigung aller Aspekte – von der Verkehrsqualität über die Sicherheit, die Umwelt, die Siedlungsentwicklung, die Realisierungsrisiken bis zu den Kosten – kommt die Variante Null+ gemäss der Zweckmässigkeitsbeurteilung auf den ersten Rang. «Null+» verzichtet auf eine Umfahrung und strebt stattdessen die Verbesserung der Situation auf dem bestehenden Stras­sennetz an. «Zum jetzigen Zeitpunkt können wir eine Umfahrungslösung aber noch nicht verwerfen. Es ist wichtig, dass wir im Rahmen der Planungssynthese Seetal das Zusammenwirken der lokal besten Lösungen sorgfältig hinterfragen und zu einem allfälligen Ausbau des öV vertiefte Abklärungen für das ganze Seetal treffen. Wir brauchen zuerst diese Gesamtsicht», kommentiert Kantonsingenieur Gregor Schwegler das Ergebnis.

Das eher mässige Abschneiden der Umfahrungslösungen haben gemäss der Mitteilung verschiedene Gründe: Punkto Verkehrsqualität, namentlich für den Autoverkehr, und für die Aufenthaltsqualität im Zentrum bringe eine Umfahrung sicher am meisten. Aber auch mit «Null+» liessen sich Verbesserungen erzielen, insbesondere für den öV und den Veloverkehr. Mit der Umgestaltung der Hauptstrasse sowie Tempo 30 gelinge es auch «Null+» die Siedlungsverträglichkeit des Verkehrs zu verbessern und die Lärmbelastung spürbar zu verringern.

Nachteile überwiegen
Eine Umfahrung bringe für den Verkehr und das Zentrum zwar mehr Vorteile als «Null+», die Vorteile könnten die Nachteile in der fachlichen Beurteilung aber nicht wett machen: Die Eingriffe in die Landschaft, die Beeinträchtigung der Naherholungsgebiete und der Verlust an Kulturland seien bei einer offenen Linienführung sehr gross. Mit einer Tunnellösung liessen sich diese zwar reduzieren, dafür seien die Kosten der Tunnelvarianten mit rund 300 Millionen Franken beträchtlich. Der ebenfalls geprüfte Stadttunnel Süd schneide zwar punkto Umwelt gut ab, er bringe aber für den Verkehr und eine Zentrumsentlastung nur einen begrenzten Nutzen und für seine Realisierung müssten zahlreiche Liegenschaften weichen.

Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren werde klar, wieso die Variante «Null+» pro eingesetzten Franken ein Mehrfaches an Nutzen erziele, verglichen mit der besten Umfahrungsvariante. Dabei handelt es sich um «West nah /Süd teilüberdeckt», die zwischen der Sempach- und der Luzernstrasse zwei Tunnel aufweist und mit einem zusätzlichen Ast auch die Hohenrainstrasse anschliesst.

Die Variante »Null+» hat hauptsächlich zum Ziel, den Verkehr siedlungsverträglicher und sicherer abzuwickeln und dabei auch Verbesserungen für den öV, den Fuss- und den Veloverkehr zu realisieren. Lichtsignalanlagen an den Ortseingängen lassen in den Spitzenstunden nur so viel Autoverkehr ins Zentrum, wie dort insgesamt verarbeitet werden kann. Die Busse können die Ampeln mittels physischen oder elektronischen Busspuren passieren. Die Ortsdurchfahrt wird zwischen der Hohenrainstrasse und der Schlossergasse umgestaltet und aufgewertet. Hier soll künftig Tempo 30 gelten. Der Veloverkehr profitiert von zusätzlichen Radstreifen und wird teilweise über rückwärtige Quartierstrassen geführt. Um Ausweichverkehr über Urswil zu vermeiden, wird die Geschwindigkeit auf der Urswilstrasse ausserorts auf 60 Kilometer pro Stunde und innerorts auf 30 Kilometer pro Stunde reduziert. Die Kosten für Null+ betragen rund 45 Millionen Franken.

Ernüchterndes Ergebnis
Der Gemeinderat Hochdorf nimmt das Abschneiden von «Null+» als Bestvariante mit Ernüchterung zur Kenntnis. «85 Prozent der Hochdorfer Bevölkerung haben sich 2015 in einer Befragung für eine Entlastung des Dorfzentrums vom Schwer- und Durchgangsverkehr ausgesprochen», sagt Gemeindepräsidentin Lea Bischof-Meier. Diese Entlastung könne nur mit einer Umfahrung erreicht werden. Unter anderem mit der Entwicklung des kantonalen Entwicklungsschwerpunktes (ESP) Hochdorf-Römerswil sei eine weitere Verkehrszunahme zu erwarten, die für den Dorfkern nicht mehr zumutbar sei.

«Der Hochdorfer Gemeinderat setzt sich im Sinne seiner Bevölkerung weiter klar für eine Umfahrungslösung ein», sagt Gemeinderätin Gaby Oberson, Ressort Bau, Verkehr und Umwelt. Das Dorfzentrum müsse zwingend entlastet werden. Der Gemeinderat streicht heraus, dass die Umfahrungsvarianten bei der reinen Kosten-Nutzen-Analyse am besten abschneiden. Es gelte nun, Optionen für Kostenoptimierungen zu prüfen, um die Umfahrungsvariante «West-Nah /Süd teilüberdeckt» weiter zu verfolgen.

Die Gesamtwirkungen im Seetal können gemäss der Mitteilung in der ZMB nicht vollumfänglich abgebildet werden. In der anschliessenden Planungssynthese Seetal wird deshalb neben «Null+» auch die beste Umfahrungsvariante «West nah /Süd teilüberdeckt» einbezogen. Die beiden Varianten werden darin auf ihr jeweiliges Zusammenwirken mit den Lösungen in den anderen Gemeinden untersucht. «Wir klären dabei ab, ob die Vorteile und Auswirkungen für das Seetal insgesamt vergleichbar sind mit den Ergebnissen der Einzelplanungen oder ob Anpassungen an den Varianten vorgenommen werden sollen», erläutert Kantonsingenieur Gregor Schwegler. Bei «West nah /Süd teilübereckt» soll zudem geprüft werden, ob der Nutzen des Astes zur Hohenrainstrasse tatsächlich so gross ist, um den starken Eingriff in eine weitere Landschaftskammer und den zusätzlichen Landverbrauch zu rechtfertigen. Betreffend «Null+» wird abgeklärt, welcher zusätzliche Nutzen und welche Kosten ein Viertelstundentakt der Seetalbahn und ergänzende Verbesserungen beim Busangebot mit sich bringen würden. Für beide Varianten seien auch die Erschliessungsbedürfnisse des Entwicklungsschwerpunkts zu klären.

Die Gesamtbetrachtung für das Seetal liegt im Herbst 2023 vor und bildet die Grundlage für die definitiven Entscheide von Regierungs- und Kantonsrat zu den Verkehrslösungen im Seetal. pd

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