Beruf und Leidenschaft sind im Einklang

Hochdorf Was hat ein gebürtiger Bündner mit der «Lozärner Fasnacht» zu tun? Spurensuche in der Filiale von Musik Hug in Hochdorf.

Werner Rolli

Sie sind alle irgendwie fasnachtsverrückt. Klar, wer im Seetal Blas- und Schlaginstrumente verkauft und repariert, kann sich dem Fasnachtsfieber nicht entziehen. Die Musik-Hug-Filiale in Hochdorf bietet alles, was das Gugger-Herz begehrt. Das Erdgeschoss ist ein kleines Paradies für alle, die sich für Rhythmus und Perkussion begeistern. In der Werkstatt justiert Roman von Muralt ein Fahrgestell, wie es von Guggemusigen verwendet wird. Diese Spezialanfertigungen werden seit rund 15 Jahren von der Firma Frey Metallbau in Hochdorf gefertigt. Im Laufe der Jahre wurde ihre Ausstattung immer ausgeklügelter. Die aktuellen Modelle haben sogar grosse Doppelräder.

Dadurch werden sie stabiler und gleichzeitig ist es einfacher, auf unebenen Untergründen vorwärtszukommen. Zwei weitere Räder sind mit Bremsen ausgestattet. Der Rahmen lässt sich zudem so kippen, dass die ganze «Batterie» auch ohne Demontage durch deine Tür passt (wichtig, weil fasnächtle gibt ja auch Durst).

Spezialanfertigungen

Rund 1500 solcher «Wägali» hat Walter Frey aus Hochdorf hergestellt. Genaugenommen konstruiert er seit 2001 das Grundgerüst und «ganz viel Zubehör», mit dem die Crew bei Musik Hug dann jedem Kunden sein individuelles Gefährt zusammenbaut. Dieser Service geht zurück auf eine Initiative von Josi Muff, Leiter Perkussion, der damals noch für Musik Gasser nach genau so einem Schlagzeugwagen suchte und schliesslich in Walter Frey einen findigen Ingenieur fand, der ihm seinen Wunsch erfüllen konnte. So ist das Gefährt denn auch als «Gasserwägali» bekannt. Es ist sehr populär bei Marching Bands und wurde auch schon an Kunden in Deutschland, Dänemark oder gar Neuseeland verkauft.

Rhythmus ist das eine, für die Melodie sind Blasinstrumente zuständig. Das «Blech» – dazu zählen Trompeten, Posaunen, Tuba, Sousaphon und diverse Hörner – sind weiter verbreitet. Holzblasinstrumente wie Klarinetten und Saxophone sind in einer Guggenmusig eher selten anzutreffen. Sie sind mit teils filigranen Mechaniken ausgestattet und eignen sich deshalb nicht unbedingt für die raue Umgebung der Fasnacht. Ausserdem sind Blechblasinstrumente lauter – schliesslich soll man die Guggenmusig auch hören. Emsiges Treiben im oberen Stockwerk. Ein Kunde sucht nach einem praktischen Notenständer, ein weiterer möchte den Spielzug seiner Posaune geschmiert haben. Das erledigt der Chef gleich selbst.

Hektisch sei es noch nicht, erklärt Daniel Schwegler, Leiter Blasinstrumente, doch langsam steige die Nachfrage nach Instrumenten, Zubehör und vor allem Service und Reparaturen. Schwegler ist selbst aktiver Musiker, war unter anderem über 20 Jahre lang bei der Guggemusik Räbedibäms. Heute spielt er immer noch bei der Bürgermusik in Luzern und ist Mitglied einer 20-köpfigen Funk-Big-Band. Es könne schon mal vorkommen, dass er nach dem Wochenende Anrufe von Musikanten erhalte, deren Instrument beim Auftritt eine Beule abbekommen habe, ein Ventil klemmt oder eine Schraube locker sei (am Instrument natürlich), erklärt Schwegler. Dann schlägt die Stunde von Werkstattchef Remo Meier. Der passionierte Koch und Tubaspieler ist durch nichts aus der Ruhe zu bringen.

Vom Val Müstair nach Hochdorf

Geboren und aufgewachsen in Santa Maria im Val Müstair, wo ihm sein Vater das Trompetenspiel beibrachte. Später spielte er in der Musica Giuventüna ROM Sta. Maria – Valchava, der Jugend Brassband Graubünden und absolvierte den Militärdienst beim Spiel in Herisau. Über die Feldmusik Luzern und die Swiss Army Marching Band führte sein Weg nach Hochdorf. Nach der Berufslehre schloss er im elterlichen Betrieb den praktischen Teil der Meisterprüfung als Chef Bäcker-Konditor ab. Seine Lern- und Wanderjahre führten ihn in den Kanton Luzern, wo er unter anderem bei der Fachschule Richemont und in diversen Betrieben arbeitete. Gleichzeitig erfüllte er sich einen lange gehegten Wunsch: Er liess sich berufsbegleitend an der Musikhochschule Luzern zum Blasmusikdirigenten Typ B ausbilden.

Seither hat ihn die Leuchtenstadt nicht mehr losgelassen. Er verabschiedete sich vom Val Müstair und zog in die Innerschweiz. In Luzern arbeitete er bei der Confisserie Bachmann als Bereichsleiter, in verschiedenen Bäckereien und auch an der LUGA am Bä­ckerstand des Verbandes. Auch ist er seit vielen Jahren Meisterzünftler der Pfisternzunft (Bäckerzunft).

Da wurde er auf eine Stelle bei Musik Hug in Hochdorf aufmerksam, liess sich in einem zweijährigen Praktikum zum Blechblasinstrumentenreparateur umschulen und leitet seit drei Jahren die Blaswerkstatt. Musikalisch ist er fest in der Blasmusik verankert. Er hilft aus, sei es als Instrumentalist oder als Dirigent und spielt in der Feldmusik Hochdorf, den Dorfspatzen Oberägeri und seit über 20 Jahren in der Fasnachtsformation Troetenpoeten. Remo Meier hat seine Berufung gefunden: «Wenn man Beruf und Leidenschaft verbinden kann, ist das super».

 

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