Hände gehen weiterhin nach oben

Die Gemeinde Schongau lehnte an der Gemeindeversammlung einen Wechsel zur Urnenabstimmung mit 63 Nein zu 34 Ja-Stimmen ab. Insgesamt waren 105 Stimmberechtigte anwesend.

Die Hände gehen auch in Zukunft an den Gemeindeversammlungen hoch, um abzustimmen. Foto: Milena Stadelmann
Milena Stadelmann

Abstimmen an der Urne oder an der Gemeindeversammlung? Diese Frage lockte am Mittwochabend der Vorwoche 105 Stimmberechtigte in die Turnhalle von Schongau. Das macht 13,4 Prozent der Bevölkerung aus. «Es ist statistisch nachweisbar, dass die Stimmbeteiligung an Gemeindeversammlungen auf unter zehn Prozent gesunken ist, jene von Bund und Kanton liegen bei knapp 60 Prozent», sagte Gemeindepräsident von Schongau Thierry Kramis an der Versammlung. Die Bevölkerung sei heute in Job und Familie involvierter als früher. Einigen sei es aus diversen Gründen nicht möglich, an einer Gemeindeversammlung teilzunehmen. Kramis sagte: «Dennoch wollen sie ihre Stimmen gehört wissen und ihre Meinung losgelöst von Ort und Zeit abgeben können.» Daher beantrage der Gemeinderat bei der Stimmbevölkerung eine Änderung der Gemeindeordnung, um Abstimmungen von der Gemeindeversammlung hin zur Urne zu verschieben. Mit dem Systemwechsel würden Orientierungsversammlungen eingeführt und das Instrument der Gemeindeinitiative gestärkt. Mit 50 gesammelten Unterschriften käme eine Gemeindeinitiative zustande.

Die Rechnungskommission sprach sich an der Versammlung gegen den Antrag des Gemeinderates aus. «Das traditionelle System der Gemeindeversammlung ist weit verbreitet und anerkannt», sagte Priska Roth, die den abgetretenen Präsidenten Michael Schippmann, infolge dessen Wegzuges vertrat. Aus Sicht der Rechnungskommission würden bei einem Wechsel zur Urnenabstimmung die Diskussionskultur und die Mitbestimmung im Dorf geschwächt. Die Gemeindeinitiative ermögliche keine öffentliche Diskussion und stelle für die Initianten einen zusätzlichen Aufwand dar, sagte Roth. Somit werde kein sinnvoller Ersatz für die direkte Mitsprache und Mitbestimmung geboten.

Nein zu Urnenabstimmung

Zu einer möglichen Urnenabstimmung gab es mehrere Wortmeldungen aus dem Publikum. «Ich bin nicht dafür eine Scheindemokratie einzuführen», sagte ein Votant und erntete dafür von einem Teil der Versammelten Applaus. Eine weitere Stimme aus dem Publikum sagte, dass eine qualitative Stimmbeteiligung wichtiger sei, als eine Abstimmungsquote. Kramis entgegnete, dass Qualität nichts mit Anwesenheit zu tun habe. Die Aussage unterstützte eine Votantin: Die Abwesenheit an einer Gmeiendeversammlung sei nicht immer mit fehlendem Interesse gleichzusetzen.

Schlussendlich stimmten 34 für und 63 gegen den Antrag des Gemeinderates, die Gemeindeordnung zu ändern und damit zu einer Urnenabstimmung zu wechseln. Der Gemeinderat akzeptiere diesen Entscheid, sagte Kramis. Aus seiner Sicht stelle das Nein aber «eine verpasste Chance» dar.

Verlust budgetiert

Neben der Abstimmung über die Gemeindeordnung stand an der Versammlung die Genehmigung des Budgets 2023 an. Der Gemeinderat stellte den Anwesenden die Globalbudgets vor. Mehrausgaben im Vergleich zum laufenden Jahr sind in den Bereichen «Bildung, Gesellschaft», «Bau, Umwelt, Sicherheit» und «Präsidiales, Finanzen» eingeplant. Insgesamt rechnet die Gemeinde mit einem Verlust in der Höhe von 105 000 Franken. Beim Aufwand sind 7,13 Millionen Franken, beim Ertrag 7,02 Millionen Franken budgetiert. Der höhere Steuerertrag kann voraussichtlich die steigenden Beiträge im Gesundheits- und Sozialwesen nicht kompensieren. Der Steuerfuss bleibt bei 2.10 Einheiten bestehen. Grosse Investitionen seien aufgrund der finanziellen Lage nicht möglich, sagte Kramis. «Wir können in die Zukunft schreiten, aber keine grossen Sprünge machen.»

Im Budget 2023 sind Bruttoinvestitionen in der Höhe von 240 000 Franken eingeplant. In erster Linie geht es darum, die laufenden Investitions-Projekte aus den Vorjahren abzuschliessen. Dazu gehören unter anderem die Ortsplanung sowie die Bushaltestelle Oberschongau. Für Letztere liegt die Baubewilligung vor, die Bauarbeiten sollen Anfang des Jahres starten. Ebenfalls im Budget enthalten, sind 120 000 Franken für die Bushaltestelle Schongiland, weitere Gelder fliessen unter anderen in die Strassensanierung oder die Umstellung der Beleuchtung im Verwaltungsgebäude auf LED.

Die Stimmberechtigten genehmigten das Budget 2023 mit einem Aufwandüberschuss von 105 000 Franken, Bruttoinvestitionen von 240 000 Franken sowie einem Steuerfuss von 2.1 Einheiten einstimmig.

Zusatzkredit genehimgt

Weiter stimmten die Schongauerinnen und Schongauer über einen Zusatzkredit in der Höhe von 40 000 Franken für die Revision der Ortsplanung ab. 2017 betrug der Sonderkredit 160 000 Franken, 2021 kam ein Zusatzkredit über 62 000 Franken dazu. Das Geld reiche nicht aus, sagte Adrian Bütler, Vorsteher des Bauressorts. Ursache dafür seien hauptsächlich Zusatzarbeiten im Zusammenhang mit den verschiedenen Einsprachen. Dem Antrag des Gemeinderates wurde mit 12 Gegenstimmen zugestimmt. Die Ortsplanungsrevision soll im Frühjahr 2023 zur Abstimmung kommen.

An dem Abend stand zudem ein Einbürgerungsgesuch auf der Traktandenliste. Die Abstimmung wurde bereits zu Beginn der Versammlung durchgeführt. Die Stimmberechtigten sprachen sich einstimmig für die Einbürgerung aus. Damit erhält eine brasilianischen Staatsbürgerin das Gemeindebürgerrecht.

«Wir sind am kämpfen»

An der Gemeindeversammlung kamen weitere Themen zur Sprache, welche Schongau zurzeit beschäftigen. Der Lehrermangel sei nach wie vor vorhanden. Sozialvorsteher Ivo Gerig informierte über das Asylwesen. Aufgrund des Krieges in der Ukraine müsste die Gemeinde zurzeit gemäss dem Verteilsschlüssel des Kantons insgesamt 25 Plätze für Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich bereitstellen. Gelingt dies nicht, sind Ersatzabgaben an den Kanton fällig. Zurzeit wären zehn Plätze bezugsbereit. Somit sucht die Gemeinde weiterhin nach Unterkünften.

Melanie Casnaova-Gubser, Gemeinderätin für das Ressort Verkehr, Sicherheit und Umwelt, informierte zum Thema Tempo 30. Auf mehreren Quartierstrassen, die in die Hauptstrasse einmünden, könne die Geschwindigkeitsreduktion eingeführt werden. Die Gemeinde strebt auch auf der Kantonsstrasse zwischen der Kirche bei Mettmenschongau bis zur Einfahrt vom Quartier Schönegg Tempo 30 an. Da sich der Kantonsrat Ende November grundsätzlich dafür aussprach, dass innerorts auf Hauptstrassen Tempo 50 beibehalten werden soll, sei nun unklar, wie es weitergeht. Casanova sagte: «Grundsätzlich ist Tempo 30 aber immer noch möglich.»

Weiter laufe das Mitfahrsystem Taxito nicht so gut wie gewünscht, erfreulich sei aber eine neue Verbindung in Richtung Muri. Die öffentlichen Verkehrsverbindungen in Schongau gaben an der Gemeindeversammlung zu Reden. Viele Eltern müssten ihre Kinder beim Bahnhof abholen, weil die Busverbindungen nicht passten, sagte eine Votantin. Das Mitfahrsystem Taxito sei nicht das, was Junge wollten. Der Wunsch nach einer direkten Busverbindung ins Aargau zeigte sich bei der Bevölkerung als gross. Dabei handle es sich um ein kantonales Thema, sagte Casanova. Sie versicherte: «Wir sind am kämpfen.» Für die Gemeinderätin war es die letzte Gemeindeversammlung. Sie trat per Ende November infolge ihres Umzuges nach Aesch aus ihrem Amt zurück. Ihre Nachfolge übernahm am 1. Dezember Melanie Wydler.

 

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