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Seetal | Hochdorf

«120 Arbeitsplätze sind ein herber Verlust»

Der Milchverarbeiter Hochdorf leidet nach wie vor unter hohen Schulden. Nun wird die Produktion von Hochdorf nach Sulgen im Thurgau verlagert, am Stammsitz im Seetal gehen bis Ende 2023 rund 120 Stellen verloren. Grundstück und Gebäude will die Firma verkaufen. «120 Arbeitsplätze sind ein herber Verlust», sagt die Hochdorfer Gemeindepräsidentin Lea Bischof-Meier. 

André Widmer

»Hochdorf unternimmt nächsten Schritt zur finanziellen Gesundung und strategischen Fokussierung»: Der Titel der Medienmitteilung des Milchverarbeitungsunternehmens liest sich auf den ersten Blick positiv. Doch die Massnahmen, die Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ergreifen, sind insbesondere für den Stammsitz im Seetal drastisch und mit tiefgreifenden Folgen: Bis spätestens 2023 wird die Produktion am moderner ausgestatteten Standort Sulgen im Kanton Thurgau konzentriert, in Hochdorf gehen damit 120 Arbeitsplätze verloren. In der Ostschweiz entstehen dafür 45 zusätzliche Stellen. Um die Bilanz zusätzlich entlasten zu können, will Hochdorf am heutigen Hauptsitz zudem das Firmenareal verkaufen. Das heisst, Grundstück und Gebäude werden veräussert. Schon bis Ende diesen Jahres will man einen Käufer finden.

 

Investitionsbedarf in Hochdorf wäre zu hoch

 

Die Hochdorf-Gruppe weist nach wie vor einen grossen Schuldenberg von rund 100 Millionen Franken auf, heisst es in einer Medienmitteilung. Mit einer expansiven Strategie war man in früheren Jahren aufgetreten, 2019 schliesslich gestand sich das Unternehmen das Scheitern dieser Geschäftspolitik ein. Der Verkauf von Firmenteilen und Umstrukturierungen wurden eingeleitet. Die Bimbosan AG, früher in Welschenrohr beheimatet, integrierte man in die Hochdorf Swiss Nutrition AG.

 

Nach Sulgen werden die Verpackungsmaschinen, die Walze für Schoggipulver und die Kondenserie verlegt, das Labor konzentriert. Der Entscheid, die Produktion in Sulgen zu konzentrieren, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass eine Zentralisierung der Produktion eine Effizienzsteigerung mit sich bringe. Und die «Werksauslastung steigen werde», so in der Mitteilung weiter, das Werk in Sulgen «in allen Bereichen profitabler werde». Am Produktions-standort Hochdorf hingegen hätte «in den nächsten Jahren erheblich investiert werden» müssen. Sulgen solle ein eigentliches Kompetenzzentrum für «Smart Nutrition» werden, teilt die Hochdorf-Gruppe mit. Diesem Schritt steht die Aussage von Hochdorf-CEO Peter Pfeilschifter in einem Interview mit dem «Seetaler Bote» von Ende Oktober 2020 entgegen: «Solange es im Seetal und der Zentralschweiz genügend Milch gibt, wird es auch für die Produktion in Hochdorf eine Zukunft geben», sagte er damals.

 

Schrittweiser Abbau

 

Die Arbeitsstellen im Bereich der Produktion in Hochdorf werden schrittweise bis Ende 2023 abgebaut. Dies will man sozialverträglich gestalten, teilt Kommunikationsleiter Christoph Hug mit. Mit Sozialpartnern werde der Kontakt gesucht. Bezüglich des Arealverkaufs erklärt Firmensprecher Hug: «Wir arbeiten mit einem Dienstleister zusammen.»

 

Bis etwa Mitte 2023 werde sich nichts ändern, dann wird die Produktion in Etappen verlagert. Die Verwaltung und Geschäftsleitung dürften sich bei einem früheren Verkauf der Gebäude und des Geländes vorerst am heutigen Standort noch einmieten. Weil aber zum heutigen Zeitpunkt noch unklar ist, was ein künftiger Käufer oder Investor mit dem Areal plant, ist auf längere Frist wohl auch der Hauptsitz in Hochdorf nicht definitiv gesichert.

 

«Eine traditionsreiche

Firma»

 

Lea Bischof-Meier, die Gemeindepräsidentin von Hochdorf, hat wie die Öffentlichkeit am Dienstag von diesem gewichtigen Schritt der seit 1895 im Seetal ansässigen Firma vernommen. Bereits am Nachmittag traf sich eine Delegation des Gemeinderates mit dem CEO der Hochdorf-Gruppe zu einem Gespräch. «Diese 120 Arbeitsplätze sind ein herber Verlust», erklärt die Gemeindepräsidentin. «Es ist eine sehr traditionsreiche Firma und wir bedauern es sehr.» Man hoffe auf einen guten Sozialplan. Doch nicht nur dieser Wegfall von zahlreichen Stellen ist für die Gemeinde ein wichtiges Thema, sondern auch der geplante Verkauf des Areals.  

 

«Es ist ein Grundstück des Entwicklungsschwerpunktes ESP und absolut zentral», hält Lea Bischof-Meier fest und deshalb sei es «für Hochdorf in einem bedeutenden Gebiet.» Das Gestaltungspotenzial ist gross. Deshalb will die Gemeinde aktiv mit dabei sein. Es ist für die Gemeinde Hochdorf wegweisend, was in den nächsten Jahren vom künftigen Grundstücksbesitzer oder Investor geplant wird, lässt die Gemeindepräsidentin verstehen.

 

«Gröbere

Managementfehler»

 

Giuseppe Reo, Regionalleiter der Unia Zentralschweiz, erklärt, man -wolle Hand bieten und sei offen für den Kontakt mit der Hochdorf-Gruppe. Mit Blick auf den Arealverkauf geht es gemäss Gewerkschafter Reo «de facto um alle Arbeitsplätze in Hochdorf». Er kritisiert die «gröberen Management-fehler», die in der Vergangenheit gemacht wurden. «Statt eine Sanierung des Betriebes, statt zu stabilisieren» habe man damals auf eine falsche Vorwärtsstrategie gesetzt.   Autor: André Widmer

 


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