Ein Samurai aus dem Seetal
Kendo ist die älteste japanische Schwert-Kampfkunst und stammt von den Samurai ab. Ein starker Kendo-Kämpfer kommt aus dem Seetal: Der Ballwiler Marco Hecht hat es im Alter von nur 16 Jahren geschafft, Schweizer Meister zu werden.
Marco Hecht aus Ballwil wurde Schweizer Meister in der japanischen Kampfsportart Kendo
Werner Rolli / Seetaler Bote
«Ich mache Kendo fast schon so lange, wie ich denken kann. Es ist bei mir in Fleisch und Blut übergegangen», sagt Marco Hecht. «Ich habe viel und kontinuierlich geübt, bin sehr schnell, technisch stark und habe vielleicht auch mehr Energie und Frische als die Älteren.» So begründet der Teenager aus Ballwil, wie er es geschafft hat, letzten Oktober bei der Schweizermeisterschaft in der Erwachsenenkategorie (bis 2. Dan) den Titel zu holen und seine Gegner zu besiegen, obwohl er erst 16 Jahre alt ist und damit mit Abstand der Jüngste von allen Teilnehmern.
Und auch, obwohl er kurz vor seinem Triumph beinahe den Wettkampf hätte beenden müssen. Im Halbfinal wurde Marco Hecht am Knie verletzt und konnte zuerst gar nicht aufstehen. Der Seetaler wollte aber nicht einfach so aufgeben. Der Arzt teilte ihm mit, er könne ihm nicht empfehlen weiterzumachen, er habe es ihm aber dann erlaubt. «Ich wollte das unbedingt.» Dafür wurde er dann auch belohnt; er gewann im Final und wurde Meister.
Premiere für Luzerner Schule
Marco Hechts Trainerin oder Lehrerin (auf Japanisch: Sensei) Selina Koller freut sich ebenfalls über den Erfolg und lobt ihren Schützling. «Er hat sich das verdient, denn er hat einen enorm starken Willen und hat sich durchgebissen.» Die 47-jährige Luzernerin führt seit 2009 in Luzern und Kriens die Senbukan Budo-Schule. Für diese und für Luzern ist der Titel eine Premiere. «Es ist die erste Schweizermeisterschaft, die wir bei den Erwachsenen gewinnen konnten.» Bei den Junioren hatte dies schon mehrmals geklappt, im Vorjahr wurde Marco Hecht beispielsweise U15-Champion. Die von Koller geleitete Ausbildungsstätte wurde von ihren Eltern gegründet, ihr verstorbener Vater Bruno war einer der erfolgreichsten europäischen Karatemeister. Dort können Kampfkunst/Sportarten trainiert werden wie Karate, Aikido, Sumo, Haidong Gumdo, Muay Thai oder eben Kendo. Aktuell sind ungefähr 40 Leute beim Kendo dabei. Dazu bietet die Schule auch japanischen Sprachunterricht an.
Star Wars-Kämpfe wurden vom Kendo inspiriert
Kendo, für Laien kurz erklärt, ist eine Kampfkunst, die mit einem Bambusschwert ausgeübt wird. Die Kämpfer ziehen sich eine Art Rüstung und einen Helm an, um geschützt zu sein. «Um zu gewinnen, muss man den Gegner an bestimmten Stellen des Körpers treffen, ähnlich wie beim Fechten», erklärt Marco Hecht. Es hat acht Stärkestufen, sogenannte «Dan», die man erreichen kann durch Prüfungen. «Ich habe momentan den zweiten Dan und will im Februar dann den dritten erlangen», sagt er. Kendo ist uralt, erste Überlieferungen davon stammen aus dem vierten Jahrhundert. Es ist eine Abwandlung der Kampftechnik der japanischen Ritter, der Samurai. Der Name bedeutet eigentlich «Schwertweg».
Wenn jemand einen Kendokampf beobachtet und dazu noch Sciencefiction-Filme liebt, dem fällt unweigerlich ins Auge, dass dies sehr an die Lichtschwert-Duelle bei «Star Wars» erinnert, etwa an den legendären Fight zwischen dem Jedi Obi-Wan Kenobi und dem schwer atmenden Sithlord Darth Vader. Das bestätigt auch Selina Koller: «Ja, die Jedikämpfe sind stark vom Kendo inspiriert». Bei Kendo handelt sich dabei nicht im engeren Sinne um eine Sportart, obwohl es darin auch Turniere gibt – auch Europa- und Weltmeisterschaften. «Es geht beim Kendo nicht nur um den Kampf, sondern auch um die geistige und charakterliche Ausbildung», sagt Koller. So ist das Beachten von Verhaltensregeln und von Ordnung, Disziplin und Achtsamkeit und auch der Respekt voreinander von grosser Wichtigkeit. Man wird körperlich gefordert, gleichzeitig muss man mental stets fokussiert bleiben. Ziel ist letztlich die Harmonie zwischen Körper und Geist. Untereinander gehen die Kendo-Kämpfer friedlich um. «Ich fühle mich sehr wohl im Training und auch bei den Turnieren, wir kennen einander, so entsteht ein familiäres Gefühl. Diese Verbindung zwischen den Menschen finde ich sehr schön», sagt Marco Hecht.
Der ältere Bruder ist auch dabei
Apropos Familie: Dass der junge Ballwiler zum Kendo gefunden hat, ist seiner Mutter Monica und seinem drei Jahre älteren Bruder Kilian zu verdanken. «Meine Mutter suchte im Kanton Luzern nach einem Ort, wo mein Bruder Kampfkunst erlernen konnte. Sie fand diese Schule. Ich begleitete ihn dann zum Schnuppertraining, und Kendo gefiel uns beiden sehr.» Damals war Marco Hecht fünf Jahre alt, seither ist er dabeigeblieben, wie auch Kilian; von Anfang an war Selina Koller die Mentorin und Trainerin der beiden Buben. Mit dem Bruder trainiert Marco Hecht häufig, sie sind auch schon in Ernstkämpfen aufeinandergetroffen. Kilian Hecht ist nicht neidisch auf dessen Erfolg. «Ich gönne ihm das von Herzen.» Doch herrsche schon eine Art Konkurrenz zwischen ihnen. «Wir wollen bei den Kämpfen natürlich jedes Mal wieder aufs Neue herausfinden, wer der Bessere ist.». Das Training findet viermal pro Woche statt. Marco Hecht wird aber auch schulisch gefordert, aktuell besucht er die Kantonsschule Baldegg mit dem Ziel, die Matura zu bestehen. «Es ist sehr streng momentan, wir haben viele Prüfungen. Dadurch konnte ich auch nicht immer an allen Trainings teilnehmen in letzter Zeit.» Auch hatte der junge Mann oft mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, er hat eine Wachstumsstörung und ist verletzungsanfällig. «Ich will aber natürlich weiterhin Kendo betreiben». Neuerdings betreibt er auch einmal in der Woche Volleyball. Und bezüglich seiner Zukunft hat er schon klare Vorstellungen. Nach der Schule will Marco Hecht dann das Militär absolvieren, und zwar im Durchdienermodell, nämlich alle Diensttage am Stück. «Und danach möchte ich studieren, entweder Informatik oder Geologie.»
Faszination für Japan
Dank seinem Hobby hat er auch eine grosse Faszination für die japanische Kultur entwickelt. «Alle Leute von dort wirken freundlich und nett. Und die japanische Küche mag ich sehr.» Er guckt auch gerne Zeichentrickfilme von dort, sogenannte Anime. Das Land hat er bisher noch nie besucht, doch das holt er diesen Herbst nach. Zusammen mit Trainerin Selina Koller und einigen Luzerner Kendo-Kämpfern, darunter auch Bruder Kilian, wird er vom 18. September bis zum 8. Oktober nach Japan reisen, um dort intensiv Kendo zu trainieren in der International Budo University in Katsuura. Marco Hecht freut sich sehr auf diese Reise. «Für mich ist das eine grosse Chance, mehr zu lernen über Kendo, und ich werde sicherlich sehr davon profitieren können und mich noch mehr verbessern.»
Grosse Karriereziele hat er keine, doch frei von Ehrgeiz ist er auch nicht. «Ich möchte schon gerne auch an internationalen Turnieren teilnehmen und diese gewinnen.» Kurz nach der Rückkehr aus Japan werden dann die nächsten Schweizermeisterschaften stattfinden. Marco Hecht will dort natürlich erneut brillieren. «Ich will meinen Titel verteidigen.» Dass er dies schafft, dürfte dann keine so grosse Überraschung mehr sein wie beim ersten Mal. Sensei Selina Koller traut ihm viel zu. «Für ihn ist alles möglich, er kann alles erreichen, was er will, wenn er gesund bleibt.» Doch sei der Wettkampf-Erfolg nicht wichtig, das ist ja auch nicht die Philosophie des Kendo. Das sieht auch Marco Hecht so: «Dass es mir Spass macht und es mich als Mensch weiterbringt, ist die Hauptsache».
Kendo-Anfängerkurse in der Senbukan Budo-Schule: Für Senioren 60+ ab 3. Februar, für Erwachsene und Jugendliche ab 14, ab 4. Februar und 6. Februar, Kinder von 4 bis 9 Jahren, ab 11. März, Kinder von 8 bis 13 Jahren, ab 13. März, Eltern + Kind, ab 12. März. www.senbukan.ch.
«Dass es mir Spass macht und mich als Mensch weiterbringt, ist die Hauptsache.»
Marco Hecht Kendo-Kämpfer
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